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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 40,2.1927

DOI Heft:
Heft 12 (Septemberheft 1927)
DOI Artikel:
Scherber, Paul Friedrich: Formen der Musikbetrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8882#0414

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sLellk. In ähnlicher Weise gliedern sich für diese Auffassung auch di'e GebieLe
der Reproduktion und Rezeption.

Es wird da, ohne daß diese 2lufreihung irgend 2lnspruch auf VollständigkeiL
machen will, eLwa unkerschieden:

2l)2lusbrucksmusik

PrimiLive (Kind, 23olk, Vorsichhinsummen, Iodler, Iuchzer)

Höhere (zum Teil das Volkslied, serner PhanLasieren)

B) Gebrauchsmusik (Zweckmusik)

KulLische (von der Trommel des Medizinmanns bis zur Messe nnd
dem Choral)

-Bewegungssördernde (2lrbeiLsmusik, Marsch, z. T. Tanznmsik)
TheaLralische (bei 2lufzügen und Umzügen, zum Drama, bei Fest-
akLen, zum Tanzdrama und KnnstLanz)

Musik zum Film

UnLerhalLungsmusik (Vulgärmusik) (Case- und BiergarLenmusik,
Promenadekonzert, Tafelmusik, Hippodrom, Karussell usw.)
Reklamemusik (IahrmarkL, Messeumzüge, Heilsarmee, Marke Tee-
kanne-Schlager)

Pädagogische (PlaLo bis Dalcroze)

Hygienische und therapeutische

Im Liebesleben (Ständchen als Hnldigung, EroLisierung und Ein-
wirkung auss Gefühl; 2lnimiermusik in Tanzsaal und Bar)
Signale aller 2lrt

PoliLische (N'ebenwirkung der Militärmusik aufs Bolk, NaLional-
hymne, vaterländisches Schullied, Parteilieder)

Kriegsmusik (zur Erhebuug und Stimmungförderung der Trugpe,
zur 2lbschreckung des Feindes)

GeselligkeiLsmusik

C) Kunstmusik (der Komponist als Künstler)

Kunst um der Kunst willen, bis zu Kunst als höchßer Osfenbarung
Kunst um des Künßlers willen, als 2lusdruck der PersönlichkeiL,
sowie aus Spieltrieb
Künstlerische Gebrauchsmusik

Selbstverständlich wollen diese Zweige und Gattungen nicht im Sinne eines
übertriebenen SchemaLismus aufgefaßL werden. So gut wie zwischen den
drei HaupLzwcigen der 2lusdrucks-, Gebrauchs- und Kunstmusik die Übergänge
häufig schwanken, so wenig sind überspezialisierte Festlegungen der einzelnen
GakLungen beabsichtigL. Darauf kommL es ja gar nicht an, diese so sauber
als möglich herauszupräparieren. Das WichLige ist vielmehr, daß hier über-
haupt einmal diese Wendung im Denken sich vollziehk, daß mi'L wechselndem
Standpunkt untersucht und gcwertet wird. Daß also versucht wird, das jeder
Gattung eigentümliche Wesen zu erschauen uud von der Erkennknis
dieses Wesens aus zu urteilen. Damit ist schon gesagL, daß die
Einnahme des jeweiligen Standpunktes nicht ins bloße Belieben gestellt
ist, womit sreilich das Ganze auf einen plumpen Relativisnius hinauslausen
würde. Gegen diesen Borwurf, ebenso gegen den psychologistischer ÜberspiL-
zung wird sich naturgemäß die phänomenologische BeLrachtungsweise anfäng-

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