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Alper, Götz; Römer-Strehl, Christiane
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 32): "Johanneser Kurhaus": ein mittelalterlicher Blei-/Silbergewinnungsplatz bei Clausthal-Zellerfeld im Oberharz — Rahden /​ Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.68366#0009
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Vorwort des Herausgebers

Die weit verbreitete Auffassung, der Harz sei eine
vom Menschen gemiedene Einöde gewesen und
nur gelegentlich zu kultischen Zwecken oder zur
Jagd aufgesucht worden, blockierte die archäolo-
gische Erforschung dieses Mittelgebirges auf Jahr-
zehnte. Erst die Arbeiten von Walter Nowothnig
ließen in den 1970er Jahren ahnen, welches Poten-
zial für die Geschichtsforschung der Harz bereit-
hält und wie groß die Herausforderung für die
archäologische Denkmalpflege ist.
Die von 1981 bis 1985 durchgeführten Grabungen
in Düna/Osterode am südwestlichen Harzrand
mit ihren überraschenden Ergebnissen zur Nut-
zung der Harzer Metalle bereits lange vor den
historisch festgeschriebenen Zeiten bildeten den
Auftakt zu modernen archäologischen Untersu-
chungen im Lagerstättengebiet.
Als Ergebnis der fortan geleisteten systemati-
schen denkmalpflegerischen Arbeit wurde bei
der Anlage einer Langlaufloipe eine bis dahin un-
bekannte Hüttenstelle am „Johanneser Kurhaus“
bei Clausthal-Zellerfeld entdeckt. Die Ausgra-
bungen boten Einblicke in die im Lagerstätten-
gebiet erhaltenen Spuren des älteren Montan-
wesens und damit die Möglichkeit, die kaum
bis in den Zeitraum vor das späte Mittelalter
zurückreichende historische Überlieferung durch
archäologische Quellen zu ergänzen und in Tei-
len zu korrigieren.
Diesen Grabungen folgten Untersuchungen an
verschiedenen gefährdeten Fundstellen im Ober-
harz. Parallel zu den punktuellen Untersuchun-
gen wurde in vorbildlicher Weise der Bestand
archäologischer Denkmale prospektiert, inventa-
risiert und für das digitale Fachinformationssys-
tem des Landesamtes aufbereitet. Im Zuge dieser
Tätigkeit wurden in dem ca. 800 km2 großen Mon-
tanrevier bisher etwa 2000 Fundstellen erfasst.
Die Ausweitung der systematischen Prospektion
auf noch nicht untersuchte, scheinbar fundlee-
re Mittelgebirgsregionen wird zu einer weiteren
Fundstellenverdichtung führen.
Die Kombination aus punktuellen, forschungsorien-
tierten Untersuchungen gefährdeter Fundstellen,
flächenhafter Prospektion und die konsequente
Einbindung von Partnern aus den unterschiedlich-
sten Wissenschaftszweigen erlauben heute einen
gänzlich neuen Blick auf die Harzregion. Nicht nur,

dass die Ausbeutung der Harzer Erzlagerstätten bis
in die Zeitenwende zurückverfolgt werden kann
und verschiedene Entwicklungsphasen der Nutzung
des Mittelgebirges unterschieden werden können,
die gemeinsame Arbeit erlaubt nun auch Rück-
schlüsse zu den Auswirkungen der Montanwirt-
schaft auf das komplizierte Wechselspiel zwischen
Mensch, Technik und Umwelt in einer Zeit, für die
schriftliche Quellen weitgehend fehlen und schaf-
fen damit das grundlegende Verständnis für die Kul-
turlandschaft Harz.
Dieser Ansatz der komplexen wissenschaftlichen
und denkmalpflegerischen Betrachtung führte
beim Niedersächsischen Landesamt für Denkmal-
pflege (ehemals Institut für Denkmalpflege) zur
Gründung des Schwerpunktprogramms Montan-
archäologie.
Nach Abschluss der Grabungen am „Johanneser
Kurhaus“ wurde 1992 auf Veranlassung der Volks-
wagen-Stiftung am Fuße des Rammeisberges in
Goslar die Arbeitsstelle Montanarchäologie ein-
gerichtet. Mit einer Grundfinanzierung durch das
Land Niedersachsen und die Förderung durch das
Arbeitsamt Goslar sowie die Volkswagenstiftung
konnten in verschiedenen Projekten die Grund-
lagen für eine ganzheitliche Sicht der frühen
Industrielandschaft Harz gewonnen und sogar
eine positive wirtschaftliche Bilanz erzielt wer-
den. Diese Außenstelle des Landesamtes hat sich
zu einem überregional anerkannten und bekann-
ten Zentrum der Montanarchäologie entwickelt.
Hier laufen alle Fäden des fächerübergreifenden
Netzwerkes zusammen. Der zweimal jährlich ta-
gende interdisziplinär besetzte wissenschaftliche
Harzbeirat justiert die Fragestellungen und disku-
tiert die Ergebnisse.
Der Erfolg der niedersächsischen Montanarchäo-
logie ist das Verdienst des Projektleiters Dr. Lothar
Klappauf, der den in Niedersachsen praktizierten
Ansatz einer forschungsorientierten Denkmal-
pflege ganz wesentlich geprägt hat. Herr Klappauf
ist nicht nur der wissenschaftliche Kopf, sondern
er hat die Fülle von Partnerschaften aufgebaut,
eine Vielzahl von Projekten initiiert und durch das
Einwerben von Drittmitteln den Landesanteil er-
heblich aufgestockt.
Für den ausgesprochen anspruchsvollen grabungs-
technischen Part in der Montanarchäologie zeich-
 
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