1. Einleitung
Die im Jahre 1987 begonnenen Ausgrabungen des
Niedersächsischen Landesamtes für Denkmal-
pflege (damals Institut für Denkmalpflege) am
Johanneser Kurhaus westlich von Clausthal-Zel-
lerfeld stellten das erste größere montanarchäolo-
gische Projekt im Oberharz dar. Bei den aus denk-
malpflegerischen Gesichtspunkten notwendig ge-
wordenen, unter der Leitung von L. Klappauf und
F.-A. Linke durchgeführten Untersuchungen wurde
von Anfang an ein interdisziplinärer Forschungs-
ansatz verfolgt (vgl. Kapitel 5. Klappauf, Linke
1989). Entscheidende Bedeutung kam dabei archäo-
metallurgischen Untersuchungen des Instituts für
anorganische und analytische Chemie der Tech-
nischen Universität Clausthal zu (vgl. Kapitel
7.3. Heimbruch, Koerfer, Brockner 1989). Am
Johanneser Kurhaus wurde jedoch nicht nur in
montanarchäologischer Hinsicht Neuland betre-
ten. Auch bei der Grabungsdurchführung kamen
verschiedene wegweisende Techniken zum Ein-
satz, so wurden beispielsweise eine botanische
Feinkartierung zur Prospektion erprobt und das
computergestützte Zeichensystem „Trigomat“
entwickelt (vgl. Kapitel 5. Andrae 1989. Balck,
Klappauf 1993).
Die Montanarchäologie versteht sich als „Ge-
schichtsschreibung menschlicher Rohstoff ge-
rn Innung in vergangenen meist schriftlosen Zei-
ten“, wie es G. Weisgerber 1997 (7) formuliert hat.
Sie befasst sich mit einer der zentralen technischen,
ökonomischen und kulturellen Grundlagen von
vor- und frühgeschichtlichen sowie „geschicht-
lichen“ Gesellschaften. Neben der Erforschung von
Bergwerken beziehungsweise Abbauen umfasst sie
bei Metallerzen auch die des Hüttenwesens.
Im Harz wird seit Mitte der 80er Jahre des 20. Jahr-
hunderts verstärkt Montanforschung betrieben,
die wie in anderen deutschen Mittelgebirgen
durch eine Schwerpunktförderung der Volkswa-
gen-Stiftung maßgeblich unterstützt wurde (vgl.
Klappauf2000b. Segers-Glocke2000, 5; 6. Steu-
er 2001, 22). Im Jahr 1992 richtete das Nieder-
sächsische Landesamt für Denkmalpflege eine
eigene Arbeitsstelle für Montanarchäologie in
Goslar ein, um die sich ein Verbund von Wissen-
schaftlern verschiedener Disziplinen bildete. Die
hier in den letzten Jahren gewonnenen vielfälti-
gen Erkenntnisse haben es in einigen Bereichen
erst ermöglicht die Befunde vom Johanneser Kur-
haus zu deuten und sie in ihrem historischen
Umfeld, als Teil einer frühen Industrielandschaft,
zu sehen. Aber auch die montanarchäologischen
Arbeiten in den anderen Mittelgebirgen haben
stark geholfen die Vorgänge am Johanneser Kur-
haus besser zu verstehen (vgl. Kapitel 6.5).
Die Ergebnisse der Untersuchungen am Johanne-
ser Kurhaus sind jedoch nicht nur im montanar-
chäologischen, sondern auch im siedlungsarchäo-
logischen Kontext zu betrachten: Es handelt sich
um eine mittelalterliche Wüstung. Die archäologi-
sche Erforschung mittelalterlicher Dorfwüstungen
hat im Harzgebiet eine lange Tradition; hier seien
die archäologischen Untersuchungen der Wüstun-
gen Hohenrode im Ostharz sowie Königshagen am
südwestlichem Harzrand genannt, die als Meilen-
steine der Mittelalterarchäologie gelten können
(Grimm 1939. Janssen 1965. Siehe auch Schnei-
der 1988). Von besonderem Interesse ist der „Her-
rensitz“ Düna, wo es - wie später am Johanneser
Kurhaus - zu einer Verbindung von Siedlungs- und
Montanarchäologie gekommen war (vgl. Kapitel
3. Klappauf 1991, 211-227). Insbesondere für die
reine Montansiedlung am Johanneser Kurhaus
müssen beim Vergleich mit agrarischen Sielungen
allerdings stark unterschiedliche Grundvorausset-
zungen berücksichtigt werden. Eng verbunden mit
der Wüstungsforschung ist die Erforschung mittel-
alterlicher Keramik, deren Auswertung auch in
dieser Arbeit einen wichtigen Platz einnimmt (vgl.
Kapitel 7.1.2. Both 1996. Grimm 1933. Janssen
1966. Stephan 1978/1979).
Im Anschluss an die Einleitung, in Kapitel 2, wird
auf die Geographie beziehungsweise Lage des
Grabungsareals am Johanneser Kurhaus und die
geologischen Gegebenheiten, insbesondere auf
die Erzvorkommen als entscheidendem „Stand-
ortfaktor“, eingegangen.
Kapitel 3 beschäftigt sich dann mit den histori-
schen Rahmenbedingungen unter Einbeziehung
der Montangeschichte, wobei sowohl archäologi-
sche und naturwissenschaftliche Quellen als auch
die schriftliche Überlieferung herangezogen wer-
den. Für die historischen Vorgänge von besonde-
rer Bedeutung ist die Verbindung zwischen Silber-
gewinnung und Herrschaft (Königtum) sowie die
Einbindung kirchlicher Einrichtungen (Klöster)
in das Montanwesen - der „Bergmönch“ vom Jo-
hanneser Kurhaus kann hierfür als Sinnbild ste-
hen (Titelbild). In Kapitel 4 sind historische Nach-
11
Die im Jahre 1987 begonnenen Ausgrabungen des
Niedersächsischen Landesamtes für Denkmal-
pflege (damals Institut für Denkmalpflege) am
Johanneser Kurhaus westlich von Clausthal-Zel-
lerfeld stellten das erste größere montanarchäolo-
gische Projekt im Oberharz dar. Bei den aus denk-
malpflegerischen Gesichtspunkten notwendig ge-
wordenen, unter der Leitung von L. Klappauf und
F.-A. Linke durchgeführten Untersuchungen wurde
von Anfang an ein interdisziplinärer Forschungs-
ansatz verfolgt (vgl. Kapitel 5. Klappauf, Linke
1989). Entscheidende Bedeutung kam dabei archäo-
metallurgischen Untersuchungen des Instituts für
anorganische und analytische Chemie der Tech-
nischen Universität Clausthal zu (vgl. Kapitel
7.3. Heimbruch, Koerfer, Brockner 1989). Am
Johanneser Kurhaus wurde jedoch nicht nur in
montanarchäologischer Hinsicht Neuland betre-
ten. Auch bei der Grabungsdurchführung kamen
verschiedene wegweisende Techniken zum Ein-
satz, so wurden beispielsweise eine botanische
Feinkartierung zur Prospektion erprobt und das
computergestützte Zeichensystem „Trigomat“
entwickelt (vgl. Kapitel 5. Andrae 1989. Balck,
Klappauf 1993).
Die Montanarchäologie versteht sich als „Ge-
schichtsschreibung menschlicher Rohstoff ge-
rn Innung in vergangenen meist schriftlosen Zei-
ten“, wie es G. Weisgerber 1997 (7) formuliert hat.
Sie befasst sich mit einer der zentralen technischen,
ökonomischen und kulturellen Grundlagen von
vor- und frühgeschichtlichen sowie „geschicht-
lichen“ Gesellschaften. Neben der Erforschung von
Bergwerken beziehungsweise Abbauen umfasst sie
bei Metallerzen auch die des Hüttenwesens.
Im Harz wird seit Mitte der 80er Jahre des 20. Jahr-
hunderts verstärkt Montanforschung betrieben,
die wie in anderen deutschen Mittelgebirgen
durch eine Schwerpunktförderung der Volkswa-
gen-Stiftung maßgeblich unterstützt wurde (vgl.
Klappauf2000b. Segers-Glocke2000, 5; 6. Steu-
er 2001, 22). Im Jahr 1992 richtete das Nieder-
sächsische Landesamt für Denkmalpflege eine
eigene Arbeitsstelle für Montanarchäologie in
Goslar ein, um die sich ein Verbund von Wissen-
schaftlern verschiedener Disziplinen bildete. Die
hier in den letzten Jahren gewonnenen vielfälti-
gen Erkenntnisse haben es in einigen Bereichen
erst ermöglicht die Befunde vom Johanneser Kur-
haus zu deuten und sie in ihrem historischen
Umfeld, als Teil einer frühen Industrielandschaft,
zu sehen. Aber auch die montanarchäologischen
Arbeiten in den anderen Mittelgebirgen haben
stark geholfen die Vorgänge am Johanneser Kur-
haus besser zu verstehen (vgl. Kapitel 6.5).
Die Ergebnisse der Untersuchungen am Johanne-
ser Kurhaus sind jedoch nicht nur im montanar-
chäologischen, sondern auch im siedlungsarchäo-
logischen Kontext zu betrachten: Es handelt sich
um eine mittelalterliche Wüstung. Die archäologi-
sche Erforschung mittelalterlicher Dorfwüstungen
hat im Harzgebiet eine lange Tradition; hier seien
die archäologischen Untersuchungen der Wüstun-
gen Hohenrode im Ostharz sowie Königshagen am
südwestlichem Harzrand genannt, die als Meilen-
steine der Mittelalterarchäologie gelten können
(Grimm 1939. Janssen 1965. Siehe auch Schnei-
der 1988). Von besonderem Interesse ist der „Her-
rensitz“ Düna, wo es - wie später am Johanneser
Kurhaus - zu einer Verbindung von Siedlungs- und
Montanarchäologie gekommen war (vgl. Kapitel
3. Klappauf 1991, 211-227). Insbesondere für die
reine Montansiedlung am Johanneser Kurhaus
müssen beim Vergleich mit agrarischen Sielungen
allerdings stark unterschiedliche Grundvorausset-
zungen berücksichtigt werden. Eng verbunden mit
der Wüstungsforschung ist die Erforschung mittel-
alterlicher Keramik, deren Auswertung auch in
dieser Arbeit einen wichtigen Platz einnimmt (vgl.
Kapitel 7.1.2. Both 1996. Grimm 1933. Janssen
1966. Stephan 1978/1979).
Im Anschluss an die Einleitung, in Kapitel 2, wird
auf die Geographie beziehungsweise Lage des
Grabungsareals am Johanneser Kurhaus und die
geologischen Gegebenheiten, insbesondere auf
die Erzvorkommen als entscheidendem „Stand-
ortfaktor“, eingegangen.
Kapitel 3 beschäftigt sich dann mit den histori-
schen Rahmenbedingungen unter Einbeziehung
der Montangeschichte, wobei sowohl archäologi-
sche und naturwissenschaftliche Quellen als auch
die schriftliche Überlieferung herangezogen wer-
den. Für die historischen Vorgänge von besonde-
rer Bedeutung ist die Verbindung zwischen Silber-
gewinnung und Herrschaft (Königtum) sowie die
Einbindung kirchlicher Einrichtungen (Klöster)
in das Montanwesen - der „Bergmönch“ vom Jo-
hanneser Kurhaus kann hierfür als Sinnbild ste-
hen (Titelbild). In Kapitel 4 sind historische Nach-
11