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Alper, Götz; Römer-Strehl, Christiane
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 32): "Johanneser Kurhaus": ein mittelalterlicher Blei-/Silbergewinnungsplatz bei Clausthal-Zellerfeld im Oberharz — Rahden /​ Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.68366#0024
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(Both 1996,81-83; 107. Grunwald 2000,63. Mit-
teilung L. Klappauf, 2002). Historisch ist für das
Jahr 531 der Untergang des Thüringerreiches über-
liefert, der nach Widukind von Corvey zu einer
Inbesitznahme des Landes nördlich der Unstrut
durch die Sachsen geführt hat. Am archäologi-
schen Fundmaterial dieser Zeit lässt sich eine
sächsische Expansion jedoch nicht festmachen.
Vielmehr ist - zumindest teilweise - eine zum
Stamm der Thüringer gehörende Bevölkerung im
Harzgebiet zu erkennen. Erst im Verlauf des
7. Jahrhunderts tauchen sächsische Gräberfelder
am Nordrand des Harzes auf, bleiben aber auch
in der folgenden Zeit im Umland des Oberharzes
selten. Dass im oder am Westharz nach Ende der
römischen Kaiserzeit weiterhin ohne größere
Unterbrechungen Erz verhüttet wurde, belegen im
Sonnenberger Moor bei Braunlage gemessene
phasenhafte Kupfereinträge (Frenzel, Kempter
2000, 73; 74). Die Erzeugung von Holzkohle,
wahrscheinlich für metallurgische Zwecke, ist im
Oberharz durch 14C-datierte Proben aus Gruben-
meilern seit dem 7. Jahrhundert nachgewiesen,
wobei Holzartenanalysen zeigen, dass der Wald
stellenweise auch zu dieser Zeit schon durch
menschliche Eingriffe gestört war (Frenzel,
Kempter 2000, 75-77. Hillebrecht 2000).
Seit dem 8. Jahrhundert bildeten sich mit der Ein-
gliederung Sachsens in das fränkische Reich auch
im Harzgebiet neue Machtstrukturen aus. Paral-
lel dazu zeichnen sich in der Montanwirtschaft
des Harzes deutliche Veränderungen ab: Durch
die umfangreiche Prospektionstätigkeit der Außen-
stelle für Montanarchäologie des Niedersächsi-
schen Landesamtes für Denkmalpflege, bei der
bisher etwa 900 Schmelzplätze im niedersächsi-
schen Harz erfasst wurden, von denen ca. 150 über
14C-Analysen, Keramik oder historische Nach-
richten datiert sind, lässt sich eine Verlagerung der
Schmelzplätze in karolingischer Zeit in den Ober-
harz erkennen, während sie vorher an Siedlungen
gekoppelt im Vorland konzentriert waren (Abb. 7).
Die mit einer spürbaren Vermehrung der Bevöl-
kerung einhergehende Ausweitung der Ackerflä-
chen im Umland des Harzes sowie vermutlich
auch eine deutliche Steigerung der Metallproduk-
tion sind als Hauptursache für die Verlegung der
Verhüttungseinrichtungen in die Harzwälder an-
zusehen, wo Holz als Energielieferant noch in gro-
ßer Menge zur Verfügung stand. Die kleinen,
wahrscheinlich saisonal betriebenen Schmelzhüt-
ten lagen zunächst am Oberlauf kleinerer Bäche,
den Holzvorräten folgend wanderten sie langsam
die Bachläufe hinunter. Anhand der Schlacken

können Hütten, in denen aus Rammeisberger Erz
Kupfer und solche, in denen aus Oberharzer Gang-
erzen Blei und Silber gewonnen wurde, unter-
schieden werden. Dabei zeichnen sich Verbrei-
tungsmuster ab, die eine zentrale Organisation
der Metallgewinnung widerzuspiegeln scheinen
(Klappauf 2000a, 20-27; 2000c, 153; 154; 2000d,
12-19. Klappauf, Linke 1997. Linke 2000b).
In der Karolingerzeit erlebten das gesamte Frän-
kische Reich wie auch viele angrenzende Gebiete
einen wirtschaftlichen Aufschwung mit florieren-
dem Handel und Marktbetrieb, der zum Teil auf
eine gezielte königliche Förderung zurückzufüh-
ren ist. Einhergehend mit einer kontinuierlich
wachsenden Bevölkerung kam es so zu einem star-
ken Anstieg des Metallbedarfs. Insbesondere Sil-
ber wurde durch die karolingische Münzreform,
die silberne Denare (Pfennige), mit denen auch
auf den Märkten bezahlt werden konnte, anstelle
von hochwertigeren Goldmünzen zur Basis des
Währungssystems gemacht hatte, in zunehmen-
dem Umfang benötigt. Der hieraus resultierende
Bergbau spiegelt sich sehr vereinzelt auch in den
historischen Quellen wider. Beispielsweise im
Evangelienbuch des Otfrid von Weißenburg, der
zwischen 800 und 875 im Gebiet der nördlichen
Vogesen lebte. In dem Buch wird vom Bergbau auf
Erz (Eisen), Kupfer und Kristalle sowie von der Sil-
ber- und Goldgewinnung berichtet (Johanek 1987.
Steuer 2000, 113; 114. Zotz 1993b, 183-193).
Die Einbindung Sachsens in das fränkische
Reichsgebiet fand mit der Wahl des sächsischen
Herzogs Heinrich I. aus dem Geschlecht der Liu-
dolfinger zum ostfränkischen König Anfang des
10. Jahrhunderts ihren Abschluss (Becher 2001.
Brachmann 1992. Jordan 1977, 164-166. Pitz
1967/1968, 21; 22. Schulze 1978, 33-35). Dem
Harzgebiet am südöstlichen Rand Sachsens kam
hierbei eine Schlüsselrolle zu. Die Liudolfinger,
ein vermutlich in Thüringen beheimatetes Adels-
geschlecht, das bereits im 6. Jahrhundert im süd-
lichen Harzvorland Fuß gefasst hatte, besaßen im
westlichen und südwestlichen Vorland des Gebir-
ges umfangreiche Ländereien, wie R. Wenskus
(1973) darlegt hat, wahrscheinlich konfiszierte
Güter des frankenfeindlichen sächsischen Adels,
die Karl der Große (768-814) den Liudolfingern
für ihre königstreue Haltung übertragen hatte. Die
Anfänge des Geschlechts und ihre ältesten Besitz-
verhältnisse sind jedoch nur unklar zu erkennen.
Das sichere Wissen über die Liudolfinger setzt erst
mit dem im Jahre 866 verstorbenen „comes“ Liu-
dolf ein, der einmal auch als „dux orientalium

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