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Alper, Götz; Römer-Strehl, Christiane
Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens (Band 32): "Johanneser Kurhaus": ein mittelalterlicher Blei-/Silbergewinnungsplatz bei Clausthal-Zellerfeld im Oberharz — Rahden /​ Westf.: Verlag Marie Leidorf, 2003

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.68366#0406
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biergewichte - oder im überregionalen Metall-
handel zu interpretieren und heranzuziehen. Sie
lassen sich als Vielfache von zwei verschiedenen,
aus dem Pondus Karoli abgeleiteten Unzen ver-
stehen - mit allen Vorbehalten wegen einer mög-
lichen Fehlerhaftigkeit der Fundstücke und ihrer
Zweckbestimmung im allgemeinen (siehe Witt-
höft 1984, 87ff.; 1995a):

Leiteinheit:
408,240 g od. 409,3125 g (Pfd. seit Karl d. Gr.)
= 15 Unzenaä 27,216 / 27,2875 g
16 dieser Unzen =
435,456 g od. 436,600 g (Handelspfd. i. MA) = 16/15 Karl
14 dieser Unzen =
381,024 g od. 382,025 g (Handelspfd. i. MA) = 14/15 Karl
oder
= 16 Unzenbä 25,515 /25,5829 g
10 dieser Unzen =
255,150 god. 255,829 g (Mark Nürnberg) =10/16 Karl
20 dieser Unzen =
510,300 god. 511,640 g (Pfd. Nürnberg) =20/16 Karl

III.
Aus den Jahren 1172-1178 verfügen wir für den
Rammeisberg über eine schriftliche Nachricht in
den Kölner Schreinsurkunden, die den Gebrauch
von numerischen Vergleichungen als Grundlage
des überregionalen mittelalterlichen Münz- und
Gewichtswesens belegt: „pro 56 marcis colo-
niensium denariorum, 12 solidorum pro mar-
ca, sive 50 marcis argenti de Rammesberch“,
das heißt 1 M. Köln : 1 M. Silber Rammeisberg =
56:50 (Witthöft 1989, 60 ff. Siehe auch Witt-
höft 2000b, 105ff.).
Der Bopparder Vertrag von 1282 erlaubt uns
außerdem, für Köln drei Marken verschiedenen
Alters zu unterscheiden: eine „marca argenti“
oder neue Zähl- und Gewichtsmark zu 160 Pfen-
nigen (233,280 g) von einer „marca in pondere“
oder älteren Münz- und Gewichtsmark zu 144
Pfennigen (209,952 g) und einer „marca exami-
nati“ oder ältesten Mark Feingewicht zu 140
Pfennigen (204,120 g) (Witthöft 1989, 56).
Damit wird die Notiz des 13. Jahrhunderts auch
metrisch verständlich. Wir dürfen sie mit zwei
mittelalterlichen Kölner Markgewichten rech-
nen, die beide hypothetisch mit den oben erwähn-
ten karolingischen Größen über ganzzahlige
Relationen sich verbinden lassen und deren eine
zugleich die erwähnte Silbermark des Rammeis-
berges gewesen wäre:

1 Münz-Mark Köln (2. H. 12. Jh.)
= 12 solidi od. 144 denarii ä 1,458 g = 209,952 g
somit:
56 M. Köln ä 209,952 g
= 50 M. Silber Rammeisberg ä 235,146 g
1 Pfd. Rammeisberg ä 2 M. = 470,292 g

Pegolotti überliefert dazu aus dem frühen 14. Jahr-
hundert neben einer Köln-Londoner Mark zu
233,56 g eine alte deutsche Kölner Mark zu
235,636 g (Witthöft 1987, 442f.). Eine alte Mark
dieser Größe hat sich weit verbreitet in Frank-
reich, im Deutschen Reich und in Skandinavien
erhalten. Bremen kannte zum Beispiel ein Mark-
gewicht von 235,141 g und Lüneburg ein Krämer-
pfund von 470,813 g (31/32 eines Ratspfundes zu
2 Lüneburg-Bremer Mark ä 243,0 g) (Witthöft
1979, 65ff.).
Die metrische Auflösung dieser Relation stützt den
Gewichtscharakter der Funde Am Stoben in Gos-
lar. Wir haben Gewichtseinheiten in Mark- und
Pfundgröße vor uns, die mit Hilfe einfacher ganzer
Zahlen sich weiträumig mit Kölner und anderen
Leitgewichten vergleichen und rechnen ließen.
Ähnliches ist für das Lot und die Unzen der Ge-
wichtsfunde am Johanneser Kurhaus zu vermuten.
Bei allen Vorbehalten gegenüber derartigen hypo-
thetisch rechnerischen Argumenten - die These,
mit den Funden tatsächlich auf aussagekräftige
Gewichtsstücke gestoßen zu sein, gewinnt schär-
fere Konturen. Über die zeitgenössische Validität
der herausgearbeiteten „externen“ Zahlen und
metrischen Normgewichte wird abschließend nur
zu urteilen sein, wenn weitere Sach- und Schrift-
Funde zur Bestätigung und Ergänzung herange-
zogen werden können.
Quellen/Fundbeschreibungen
Arbeitsstelle Montanarchäologie in Goslar des
Niedersächsischen Landesamtes für Denkmal-
pflege Hannover:
I) Johanneser Kurhaus, Zellerfeld-Forst, Ldkr. Gos-
lar (FStNr. 10). FNr. 973 - FNr. 1090 - FNr. 3506 -
FNr. 3668 - FNr. 3871 - FNr. 3937 - FNr. 4555
II) Bericht von F.-A. Linke, Goslar 2000 Februar
11, mit Beschreibung der „Funde von Erzhandstü-
cken“ [„Am Stoben“, Gde. Goslar, Ldkr. Goslar
(FStNr. 7). FNr. 990/1 (Abb. 190,1), 990/2 (Abb.
190,2)].

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