1 M 21346 F
Mitteilungsblatt
DES DEUTSCHEN ALTPHILOLOGENVERBANDES
POSTVERLAGSORT: HEIDELBERG
7.JAHRGANG • NR. 2
JUNI1964
Unter Mitwirkung von OSchR Leggewie herausgegehen von StR H. Imiela
Frankfurt a. M., Wolfsgangstr. 7
INHALT
Josef Eberle
Sozialismus und Latein
Prof. Dr. E. Bornemann
Grammatikausschuß des DAV
OStRat Dr. E. Zierke
Gedanken zur schriftlidien Reifeprüfung
StR Alfred Richter
Paul Thielscher: Cato
H. Imiela
Verschiedenes
Zeitschriftensehau
Der „Stuttgarter Zeitung“ vom Donnerstag, l.August 1963 entnehmen wir folgenden
Artikel:
Sozialismus und Latein
Erinnerung an Jean Jaures / Von Josef Eberle
Der Zufall hat sich des findigen Archivars der Stuttgarter Zeitung bedient, um ihrem
„con amore“ am Latein, wie „ex officio“ an Politik und Geschichte interessierten Heraus-
geber eine in beiden Hinsichten gleich faszinierende bibliophile Rarität in die Hand zu
spielen. Und dies, als ob es damit des Bedeutsamen noch nicht genug wäre, gerade am
Todestag des Verfassers der Broschüre, die mit ihren 84 Seiten und ihrem grauen, zer-
schlissenen Umschlag so nüchtern aussieht, wie eben wissenschaftliche Publikationen aus-
zusehen pflegen.
Aber der Titel! „De Primis socialismi Germanici lineamentis apud Lutherum, Kant,
Fichte et Hegel. Thesim Facultati Litterarum Parisiensi proponebat J. Jaures, Scholae
Normalis olim alumnus etc. Tolosae MDCCCXCI.“ Auf deutsch: „Die frühesten Grund-
züge des deutschen Sozialismus bei Luther, Kant, Fichte und Hegel. These, der Fakul-
tät der Wissenschaften zu Paris vorgelegt von J. Jaures . . . Toulouse 1891.“
Es handelt sich um eine Doktordissertation des großen französischen Sozialisten
und Pazifisten, den ein Chauvinist am 31. Juli 1914, dem Vorabend des Kriegsausbruchs,
in einem Pariser Cafe niederschoß, wodurch dem edlen Humanisten allerdings viele Ent-
täuschungen und Bitternisse erspart geblieben sind. Es ist dies die zweite Dissertation
des gelehrten Mannes; sie erschien 1892 auch französisch; seine erste, ebenfalls 1891 er-
schienene, hatte zum Thema gehabt: „De la realite du monde sensible“.
Über die Persönlichkeit Jaures’ geniige zur Gedächtnisauffrischung, was das Schwei-
zer Lexikon bringt: „Jean Jaures, französ. Politiker, geb. in Castres (Tarn) 3.9.
1859, gest. (von nationalist. Fanatiker erschossen) Paris 31.7.1914. Hochbegabt und
humanist. gebildet, hervorragend durch leidenschafll. Eloquenz. Zuerst Lehrer in Albi
und Dozent in Toulouse. Zw. 1883 u. 1914 mehrmals Abgeordneter (Führer der sozialist.
Kammerfraktion); stand im Gegensatz zum radikalen (marxist.) Parteiflügel (Guesde).
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Mitteilungsblatt
DES DEUTSCHEN ALTPHILOLOGENVERBANDES
POSTVERLAGSORT: HEIDELBERG
7.JAHRGANG • NR. 2
JUNI1964
Unter Mitwirkung von OSchR Leggewie herausgegehen von StR H. Imiela
Frankfurt a. M., Wolfsgangstr. 7
INHALT
Josef Eberle
Sozialismus und Latein
Prof. Dr. E. Bornemann
Grammatikausschuß des DAV
OStRat Dr. E. Zierke
Gedanken zur schriftlidien Reifeprüfung
StR Alfred Richter
Paul Thielscher: Cato
H. Imiela
Verschiedenes
Zeitschriftensehau
Der „Stuttgarter Zeitung“ vom Donnerstag, l.August 1963 entnehmen wir folgenden
Artikel:
Sozialismus und Latein
Erinnerung an Jean Jaures / Von Josef Eberle
Der Zufall hat sich des findigen Archivars der Stuttgarter Zeitung bedient, um ihrem
„con amore“ am Latein, wie „ex officio“ an Politik und Geschichte interessierten Heraus-
geber eine in beiden Hinsichten gleich faszinierende bibliophile Rarität in die Hand zu
spielen. Und dies, als ob es damit des Bedeutsamen noch nicht genug wäre, gerade am
Todestag des Verfassers der Broschüre, die mit ihren 84 Seiten und ihrem grauen, zer-
schlissenen Umschlag so nüchtern aussieht, wie eben wissenschaftliche Publikationen aus-
zusehen pflegen.
Aber der Titel! „De Primis socialismi Germanici lineamentis apud Lutherum, Kant,
Fichte et Hegel. Thesim Facultati Litterarum Parisiensi proponebat J. Jaures, Scholae
Normalis olim alumnus etc. Tolosae MDCCCXCI.“ Auf deutsch: „Die frühesten Grund-
züge des deutschen Sozialismus bei Luther, Kant, Fichte und Hegel. These, der Fakul-
tät der Wissenschaften zu Paris vorgelegt von J. Jaures . . . Toulouse 1891.“
Es handelt sich um eine Doktordissertation des großen französischen Sozialisten
und Pazifisten, den ein Chauvinist am 31. Juli 1914, dem Vorabend des Kriegsausbruchs,
in einem Pariser Cafe niederschoß, wodurch dem edlen Humanisten allerdings viele Ent-
täuschungen und Bitternisse erspart geblieben sind. Es ist dies die zweite Dissertation
des gelehrten Mannes; sie erschien 1892 auch französisch; seine erste, ebenfalls 1891 er-
schienene, hatte zum Thema gehabt: „De la realite du monde sensible“.
Über die Persönlichkeit Jaures’ geniige zur Gedächtnisauffrischung, was das Schwei-
zer Lexikon bringt: „Jean Jaures, französ. Politiker, geb. in Castres (Tarn) 3.9.
1859, gest. (von nationalist. Fanatiker erschossen) Paris 31.7.1914. Hochbegabt und
humanist. gebildet, hervorragend durch leidenschafll. Eloquenz. Zuerst Lehrer in Albi
und Dozent in Toulouse. Zw. 1883 u. 1914 mehrmals Abgeordneter (Führer der sozialist.
Kammerfraktion); stand im Gegensatz zum radikalen (marxist.) Parteiflügel (Guesde).
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