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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 9.1864

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Vocel, Jan Erazim: Die Baureste der Cistercienserkirche Hradišt bei Münchengrätz
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https://doi.org/10.11588/diglit.25928#0141
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Die Baureste der Cistercienserkirche Hradist
bei Münchengrätz.

VoN J. E.WoCBL.

^Jwei Meilen nördlich von der Kreisstadt Jungbunzlau liegt am linken Uter der Iser die Stadt
Münchengratz mit dem grossartigen gräflich Waldstein'schen Schlosse, dessen langgestreckte,
Fa^ade dem Reisenden schon aus weiter Ferne entgegen schimmert. In diesem Schlosse fand im
Jahre 1832 die bekannte Zusammenkunft Kaiser Franz I. mit dem Czar von Russland statt; und
wenn wir noch erwähnen, dass in der St. Annakirclie dieses Ortes die Reste des hochstrebenden
Friedländer-Herzog Albrecht von Waldstein ruhen, so haben wir die historischen Denkwürdig-
keiten dieses friedlichen Landstädtchens ziemlich vollständig angeführt. Dass in der Nähe von
Münchengrätz sich noch andere, in geschichtlicher und kunsthistorischer Beziehung interessante
Alterthumsreste bergen, war bis jetzt den wenigsten Besuchern dieser Hegend bekannt. Es sind dies
die Überreste der Kirche der ehemaligen Oistercienserabtei Hradist (Hredis, Hradis), deren Name
späterhin auf die nahe liegende, zu den ehemaligen Besitzungen jener Abtei gehörige Ortschatt
Münchengrätz (Hradist monachorum) übergangen ist. Den Wanderer, der von Münchengrätz aus
seine Schritte nach den Trümmern der Abteikirche lenkt, führt ein anmuthigerWeg hinab ins
Iserthai, und nachdem er die Brücke, die sich über die Iser spannt, überschritten, steigt er zwi-
schen Obstbäumen, welche die anmuthige, von lang gestreckten Hügeln umschlossene Wiesenflur
umsäumen, allmählich empor zu der Anhöhe, auf welcher das Dorf Kloster gelagert ist. Der erste
Hegenstand, der beim Eintritte in das Dorf die Aufmerksamkeit fesselt, ist die im spätgothischen
Style erbaute Kirche, deren Thurm schon von der Ferne dem Besucher entgegenwinkte. Einige
Schritte weiter, und sein Blick wird durch einen Hegenstand angezogen, der sich hier, unter den
ländlichen Wohnungen und den modernen Wirtschaftsgebäuden, in seiner monumentalen Hrösse,
gleich einem erratischen Blocke der fernen Vorzeit, auf der Felddur überraschend darstellt. Es ist
das Portal der ehemaligen Klosterkirche, das, aus der Umfassungsmauer des zerstörten Hottes-
hauses hervertretend, den Alterthumsforscher mit eigentümlichen Zauber an sich zieht. Aus der
reichen, kunstvollen Ornamentik dieses Portals weht ein Hauch der Erinnerung an die hoch ent-
wickelte Kunstthätigkeit vergangener Jahrhunderte, und fordert den Wanderer auf, bei dieser in
Stein gemeisselten Urkunde der Vorzeit zu verweilen und den sinnenden Blick jener Kunstepoche
des Vaterlandes zuzuwenden, die durch einen Zeitraum von fast siebenhundert Jahren von der
Hegenwart getrennt ist.
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