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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 13.1868

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Bock, Franz: Die deutsche Kaiserkrone
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https://doi.org/10.11588/diglit.25926#0056
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Dr. Fr. Bock.

Gestaltung jener corona imperialis zu finden ist, welche der erste abendländische christliche
Kaiser und seine unmittelbaren Nachfolger getragen haben. Wir lassen die wohl kaum zu einem
sicheren Ergebniss führende Untersuchung dieser Frage hier auf sich beruhen und bemerken
nur im Vorbeigehen, dass der gelehrte Mabillon ein wahrscheinlich noch zu seiner Zeit in
Rom 4 vorbildliches altes Gemälde bespricht, das, der Tradition zufolge auf Befehl Leo’s III.
gemalt, Karl den Grossen darstelle, wie er vom heil. Petrus die Lanze mit daran befindlichem
vexillum entgegennimmt, während Leo III. auf der rechten Seite vom Apostelfürsten das Pallium
empfängt. Allerdings stellt dieses Gemälde Karl den Grossen mit einer Art Zinkenkrone dar,
mit welcher eine, annähernd einer Miter ähnlich geformte Kopfbedeckung in Verbindung steht5 6.
Hinsichlich einer sichern Entscheidung über die ursprüngliche Form jener Krone, mit welcher
Leo III. Karl den Grossen krönte, fragt es sich aber, ob jenes mehrfach beschriebene Gemälde
noch den Zeiten Leo’s III. angehört habe, und ob, wenn das auch der Fall ist, nicht der
Künstler, wie es auch ehemals vorgekommen sein mag, seiner Idee im Entwurf nicht einigen
Spielraum gelassen habe, ohne bei seiner Darstellung jene Krone ängstlich zu copiren, die
vorübergehend zur Krönung gebraucht worden ist.
Auch die Münzen aus den Tagen Karl’s des Grossen und seiner unmittelbaren Nachfolger
werden, bei der Unbeholfenheit, mit welcher dieselben technisch ausgeführt sind, kaum einige
Anhaltspunkte hinsichtlich der Form jener Krone bieten können, die bei der Krönung des grossen
Kaisers eine so hervorragende Anwendung gefunden hat. Am meisten noch dürften in den Kronen
auf den Münzen der byzantinischen Kaiser aus dem IX. und X. Jahrhunderte Vorbilder gefun-
den werden, mit welchen die Krone der Karolinger, wenn wir überhaupt eine solche als fest-
stehend annehmen, eine entfernte Ähnlichkeit gehabt haben mag.
Aber auch schon vor seiner Krönung in Rom mit der Kaiserkrone bediente sich Karl der
Grosse eines andern Diadems, nämlich der corona patricialis, die ihm zuerst vom Papst Stephan
zur Auszeichnung als römischem Patricier war verliehen worden G. Auch Papst Hadrian schmückte
Karl den Grossen mit einem solchen römischen Patricierdiadem im Jahre 773 7, gleichwie auch
die byzantinischen Kaiser ähnliche Patricierkronen als auszeichnende Ehrengeschenke an ver-
schiedene Fürsten des Abendlandes zu übersenden pflegten 8. Überdies konnte Karl der Grosse
sich vor seiner Kaiserkrönung noch eines andern Diadems bedienen, das als corona consularis
von Clodovicli I. auf die folgenden fränkischen Könige übergegangen war.
Denn nach Gregor von Tours9 erhielt Clodevich vom Kaiser Anastasius die Codicille zu
seiner Erhebung zur Consulatswürde und wurde derselbe in Folge davon in der Basilica. des
heil. Martin mit der Purpur-Tunica (blathinea), dem Mantel und dem entsprechenden Diadem
feierlichst bekleidet. Und wirklich erscheinen häufig auf ältern Monumenten die folgenden frän-
kischen Könige angethan mit einer ähnlichen byzantinischen Consularkleidung. Dass aber auf
4 Diese merkwürdige Darstellung beschreibt zuerst Nie. Alemanus in pariet. Lateran, p. 46 und veranschaulicht dieselbe
im Bilde höchst mangelhaft; daher entlehnte sie auch Johann Mabillon in seinen Annal. Bened. lib. 26, n. 87, p. 342. Eine
bessere Darstellung dieses Bildwerkes lieferte Godof. Henschenius in actis SS. die 12. Julii p. 580, n. 40. Diese letzte Dar-
stellung veranschaulicht auch Ludewig in Norinb. tutel. p. 130.
5 Ob sich dieses Mosaikgemälde heute noch erhalten hat, möchten wir fast bezweifeln; wir sahen in einem der Säle des
christlichen Museums im Vatican einen Best eines grösseren Gemäldes, das uns ebenfalls bezeichnet wurde als „Porträt Karl’s
des Grossen“, angefertigt von einem seiner Zeitgenossen. Wir erinnern uns nicht mehr, ob und welches Diadem dieser Überrest
eines grösseren Gemäldes trug und ob dieser Kopf in Steinmosaik mit Recht als letzte Kunstreliquie jenes Bildwerkes zu
betrachten sein dürfte, das Nie. Alemanus und nach ihm Mabillon beschrieben und abgebildet haben.
6 Annales Metens. ad an. 754, Monum. Germ. ap. Pertz, tom. I., p. 332.
7 Struv. in Syntagm. Hist, disser. VII, §. 25 pag. 193; Anastas. Vit. Pont. p. 154.
8 Jos. Koller, De sacra Regni Hung. corona comment. pag. 69 und 93.
H Gregor Turonen. L. II, cap. 38: Chlodovechus ab Anastasio imperatore codicillos de Consulatu accepit et in basilica
beati Martini tunica blatea indutus est et chlamyde, imponens vertice diadema ....
 
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