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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 13.1868

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Kleinere Beiträge und Besprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.25926#0227
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I

Kleinere Beiträge und Besprechungen.

Die Kirche zu Sievring.
Beschrieben und aufgenommen von Hans Petschnig.
(Mit 5 Holzschnitten.)
Den Namen Sievring leitet man von dem heil. Se-
v er in us,, dem christlichen Glaub ensboten her, welcher
in dieser Gegend seine einsame Zelle aufgeschlagen hatte.
In der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts kam
Severinus, als Priester des christlichen Bekenntnisses
aus unbekannter Gegend im Oriente herwandernd, über
Pannonien nach Noricum, die Uber die fortwährenden
Kämpfe und andauernden Verwüstungen der Lände-
reien durch die Barbaren gänzlich verzweifelnde Pro-
vincial-Bevölkerung wieder aufrichtend i; erbekleidete
kein öffentliches Amt, hatte selbst die ihm angebotene
Bischofswürde zurückgewiesen. Ein kleiner Mann, abge-
magert, bärtig, in geringem Gewände, in grösster Kälte
ohne Fussbekleidung, der auf dem Estrich des Bet-
saales schläft, wochenlang fasten kann, aber von solcher
Würde, dass selbst ein Fürst der trotzigen Alemannen
vor ihm allein gebebt zu haben bekennt und doch voll Zärt-
lichkeit gegen einen Knaben, der seiner Sorge anvertraut
wird. Ein Anführer der Kämpfenden, ein Wegweiser
den Fliehenden, ein Lehrer der Jugend und seiner
Jünger, ein Rathgeber den Bedrängten, ohne in seinen
Neigungen gerade auf germanischer Seite zu stehen.
Er trat zugleich als Vertreter des geistüberlegenen
Römerthums auf, betrachtete den Aufenthalt in Noricum
wie die Knechtschaft der Juden in Egypten und ver-
tröstete die Seinen auf die Rückkehr nach Italien; sie
sollten sich losmachen von der ungerechten Herrschaft
der Barbaren und dann auch seine Gebeine in das ge-
liebte Italien bringen. Severinus hielt es für seine vor-
zügliche Aufgabe, die römischen Gefangenen aus der
Barbaren Hand zu befreien, seine fromme Thätigkeit
schaffte durch Zehenten, die man ihm allmählig nicht
mehr weigerte, den Armen Hilfe an Nahrung und Klei-
dung. Er gründete Mönchszellen, tröstete das Volk und
gab dem Untergänge des Römerwesens in Noricum eine
sittlich-religiöse Weihe. Seine Leiche diente den nach
Italien ziehenden Mönchen und anderen Bewohnern des
norischen Uferlandes als Heiligthum, um das sie sich
sammelten. Sie wurde in ein Castell im Neapolitani-
schen und später bei einem Einfalle der Araber nach
Neapel selbst gebracht, wo seine Gebeine noch jetzt
ruhen.

Ausser dieser Ableitung des Namens will man den-
selben in höchst prosaischer Weise von einem daselbst
befindlichen Schieferbruche herleiten, wonach sich der
Name Schiefring gebildet hätte.
Unter den Babenbergern kommt der Name Saurin-
gau, Sauveringer, Sufringer, Suiverin, und Siefringen
vor; so in einer Urkunde Vom Jahre 1330, wo von der
Einweihung der Capelle Erwähnung geschieht, und gleich-
zeitig der Name Syfring und dann Sufferingen gebraucht
wird. Damals scheint die Kirche zu Ehren des heil.
Andreas geweiht worden zu sein und nur ein Severins-
Altar darin bestanden zu haben.
Im Jahre 1683 zerstörten die Türken Sievring, die
Kirche brannte ab, das Gewölbe stürzte ein; die Docu-
mente scheinen hiebei alle zu Grunde gegangen zu
sein.


Fig. l.

1 S. Max Biidinger’s Geschichte Österreichs I. 47. u. f.
XIII.
 
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