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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 13.1868

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Bock, Franz: Der Schatz des Westgothenkönigs Athanarich, gefunden im jahr 1837 zu Petreosa in der grossen Walachei
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https://doi.org/10.11588/diglit.25926#0124
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Dr. Fr. Bock.

Objecten, die auch in materieller Hinsicht einen grossen Werth besitzen und welche nur im
Schosse der Erde oder in unterirdischen Mauerruinen sich bis zu dieser Stunde zu erhalten ver-
mochten. Wenn auch seit etwa einem Jahrhundert sehr viele dieser materiell, historisch und
künstlerisch wichtigen Schätze, meistentheils durch Zufall, aus ihrem dunkeln Versteck hervor-
gezogen wurden und jetzt eine Hauptzierde der grösseren Museen Ungarns, Siebenbürgens, der
Moldau und Walachei bilden, so dürfte es doch wohl keinem Zweifel unterliegen, dass auch heute
noch im Innern der Erde des alten Daciens sich noch manche verborgene Schätze vorfinden,
welche in jenen wild bewegten Zeiten der Völkerwanderung bei plötzlichen kriegerischen Über-
fällen einstweilen daselbst in Sicherheit gebracht wurden, später aber in Vergessenheit gerie-
then, weil die wenigen Mitwisser des Geheimnisses im Drange der Ereignisse ihren Untergang
fanden.
Ohne uns näher auf hypothetische Vermuthungen einzulassen, wann und wo solche Ver-
grabungen fürstlicher und königlicher Schätze wohl stattgefunden haben könnten, sei es gestattet
hier eingehender mit dem umfangreichsten und merkwürdigsten der wieder aufgefundenen
Schätze uns zu beschäftigen, welcher erst vor drei Decennien in der Walachei zu Tage gefördert
wurde.
Als nämlich im Jahre IS37 vier Arbeiter in dem Berge Istritza bei dem Dorfe Satul
Petreosa, nahe bei der Stadt Buz6o, Steine zum Baue einer Brücke brachen, entdeckten dieselben
in geringer Tiefe eine grosse Anzahl von metallenen Gefässen und Geräthschaften. welche äugen-
scheinlich schon lange Jahrhunderte hier gelegen haben mussten, da sie meistens schwärzlich
angehaucht waren. Die schlichten Leute ahnten nicht, dass alle diese Gegenstände in einem
Gewichte von mehr als drei Viertel Centner aus purem Golde bestanden; sie hielten es für
Kupfer und theilten es wahrscheinlich unter sich. Erst nach Verlauf von zwei Jahren gelangte
die Sache zur öffentlichen Ivenntniss. Einer der Arbeiter nämlich, welcher ein kupfernes Koch-
geschirr durch einen herumziehenden Zigeuner ausbessern lassen wollte, gab diesem hierzu ein
Stück jener vermeintlich kupfernen Geräthschaften, welche er seit der Zeit des Fundes unbe-
achtet auf dem Boden seines Hauses liegen hatte. Ein zufällig des Weges kommender Grieche
sieht dieses werthvolle Metall, forscht nach dem Besitzer und kauft diesem seinen ganzen Antheil
für eine verhältnissmässig äusserst geringe Summe ab. Schnell suchte dieser den werthvollen
Schatz zu Gelde zu machen, indem er die Edelsteine lostrennte und sämmtliche Gegenstände
einzeln verkaufte oder sie sogar, wenn ihr Umfang etwas gar zu bedeutend war, in mehrere
Stücke zerbrach.
Ungefähr zu derselben Zeit bemerkte eine obrigkeitliche Person, die der Weg zufällig durch
Petreosa führte, dass Kinder im Dorfe mit seltsam geformten Granatsteinchen und farbigen Glas-
stückchen spielten. Eine weitere Nachforschung zeigte, dass diese als Verzierung jenen auf-
gefundenen Geräthschaften gedient hatten, von welchen sie in Folge der gänzlichen Un-
kenntnis des Werthes gewaltsam losgetrennt worden waren. Die sofortige Meldung an die
Regierung hatte zur Folge, das Fürst Michael Ghika, Minister des Innern und Bruder des damals
regierenden Fürsten der Walachei, sich alsbald in Person zu dem Fundorte hinbegab, die noch
vorbildlichen Werthstücke als Staatseigenthum erklärte und genaue Nachforschungen über den
Verbleib der abhanden gekommenen anstellen liess h Sämmtliche noch vorhandenen Schatz-
objecte wurden in das ftirstl. Museum in Bukarest überbracht. Allein trotz der sorgfältigsten
Nachforschungen ist es nicht gelungen, irgend etwas von den verkauften, umgeschmelzten oder
nachlässig verschleuderten Gegenständen ausfindig zu machen.
1 Der Minister hatte hierzu das Recht, da das Terrain, wo die Gegenstände aufgefunden wurden, zum Bisthum Buzeo
gehörte, also Staatseigenthum war.
 
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