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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 13.1868

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Schulcz, Ferenc: Studien über Befestigungsbauten des Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.25926#0144
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ScHULCZ FeUENZ.

inet. Wir wollen unsere Betrachtungen mit den derartigen Bauten der Schweiz beginnen, sie an
solchen in Deutschland, Italien und Spanien fortsetzen und endlich einen aufmerksamen Blick auf
die ziemlich zahlreichen derartigen Reste im österreichischen Kaiserstaate werfen.

I. In der Schweiz.
Dieses Land, in dem besonders frühzeitig das Städtewesen aufblühte und wo natürlich auch
bald das Streben entstand, die eigenwilligen Städte gegen die Angriffe der in ihren Herrenrechten
gekränkten Adeligen möglichst durch kräftige Vertheidigungsbauten zu schützen, war und ist
noch jetzt besonders reich an Befestigungsbauten des Mittelalters. Doch weiss man den Werth
dieser Bauten daselbst wenig zu schätzen und zerstört selbe ohne Noth; ich möchte behaupten,
mitunter blos aus Freiheitsschwindel. Man beraubt sich damit der ehrwürdigen Zeugen der
Freiheitskämpfe und der historischen Anhaltspunkte einer herrlichen Vergangenheit. Nicht minder
wird der Kunstgeschichte ein empfindlicher Schaden zugefügt, denn die meisten bisher demolirten
Gebäude sind unbekannt und ungezeichnet unserm Gesichtskreis entschwunden.
Merkwürdig durch ihre Art und Ausdehnung waren noch vor wenigen Jahren die fortifica-
torischen Anlagen der Stadt Basel; bei den meisten fand man künstlerische Lösung der Aufgabe.
Die erste Ummauerung Basels hat unzweifelhaft gegen das Ende des XIII. Jahrhunderts statt-
gefunden. Doch standen diese Befestigungsbauten eben nicht lange; denn am Lucastage des
Jahres 1356 warfen sie heftige Erdstösse theils über den Haufen, theils fügten sie ihnen erheb-
liche Beschädigungen zu.
Basel mag- darauf durch einige Zeit nur mit höchst mangelhaften und derouten Vertheidi-
gungswerken versehen gewesen sein, da ausser einem obrigkeitlichen Befehle an die Anwohner,
die Gräben vom Schutte zu befreien, kein Beweis dafür sich erhalten hat, dass man bereits an
den Wiederaufbau geschritten wäre, first als 1362 der Stadt arge Kriegsnoth drohte, nahmen
die Herstellungsarbeiten grösseren Umfang an. Mit dem Jahre 1398 war die Befestigung mit
ihren Gräben und Mauern, Thoren und Thürmen u. s. f. vollendet. Doch blieben sie in dem
nächsten Jahrhundert nicht unverändert, sie mussten manche Umgestaltung erleiden, je mehr
das neue Befestigungssystem im XVI. und XV'II. Jahrhundert Verbreitung fand. So erzählt man
aus dem Jahre 157 7, dass an die Stelle einiger vor etlichen Jahren demolirter Thürme sechs
neue steinerne Vorwerke sammt Wällen an geeigneter Stelle errichtet wurden.
Im XV. Jahrhundert war Basel mit einer vom Rheinufer auslaufenden und im Halbkreis-
bogen dahin zurückbiegenden Mauer umschlossen, innerhalb welcher die mit einer besonderen
Mauer geschützte Stadt und ihre Vorstädte lagen. Diese äussere Mauer war durch einzelne einge-
fügte Zinnenthürme verstärkt, enthielt an mehreren Stellen auch stärkere Befestigungsthürme, je
nach Bedarf und Nothwendigkeit einer ausgiebigeren Vertheidigung und war mit zahlreichen Thoren
versehen, welche aber einen besonderen Anlass boten, in ihrer Nähe sehr mächtige Bauten
zu deren Schutz aufzuführen. Zweien dieser Tliore sei eine eingehendere Betrachtung gewidmet.
Das Spalentlior (Fig. 1 und 2) ist ein Werk von besonderer Bedeutung; es ist uns
kein Stadtthor bekannt, welches sowohl in seiner künstlerischen Detaildurchbildung, als in seinei
bewegten imposanten Totalform dieses Thor übertreffen würde. „Das Thor sollte im Mittelalter
nicht nur vertheidigen, sondern auch repräsentiren, es sollte dem Fremden schon von fernher
verkünden, was hinter der Stadt steckt“, sagt Riehl in seinen trefflichen Augsburger Studien
(Deutsche Vierteljahrschrift Jahrg. 1858, Nr. 31, p. 157). Ob das Thor noch erhalten ist? Ich
zweifle daran, denn bei meinem Aufenthalte in Basel im November 1865 debattirte man im Ge-
meinderathe heftig pro und contra Demolirung dieses Kunstwerkes!
 
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