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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 13.1868

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Lind, Karl: Die St. Laurenzkirche zu Lorch
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https://doi.org/10.11588/diglit.25926#0206
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De. Kael Lind.

floh nach Passau, wohin der Bischofssitz für immer verlegt wurde. Im VII. und VIII. Jahrhun-
dert waren die ausgedehnten Gegenden um den Ennsfluss, welcher die Grenze zwischen Bayern
und dem Avarenreiche bildete, ganz verödet.
Zur Zeit, als Karl der Grosse im J. 791 mit seinem Heere an den Ennsufern lagerte und
o
von da aus seinen glücklichen Zug gegen die Avaren unternahm, die er in siegreicher Schlacht
bis über die Raab zurückwies, stand an der Stelle des alten Lauriacum nur ein unbedeutendes
Dorf. Von den Zeiten dieses Kaisers an blieb in Lorch der Hauptsitz der Ostmark, das nunmehr
einen Knotenpunkt der gegen Süden führenden Handelsstrassen bildete. So wenig als das Christen-
thum in diesen Gegenden erlosch, ebenso wenig hörte die Bedeutung der Horcher Kirche gänzlich auf.
Im J. 901 wird ihrer urkundlich Erwähnung gethan und dürfte in ihren Pfarrbezirk auch die Feste
und Stadt Ennsburg gehört haben, welche um das Jahr 900 entstand und vom bayerischen Her-
zoge Liutpold im Vereine mitRicharius Bischof von Passau statt des durch die Magyaren neuerdings
zerstörten und in Trümmern liegenden Lorch, und zum Tlieile mit den Steinen der alten Römerstadt,
erbaut wurde. Ennsburg und Stadt waren stark befestigt und letztere mit einer Mauer umgeben.
Der Zweck dieser Anlage war die nothwendige Befestigung des Ennsufers gegen die Angriffe
der Avaren, welche unter der schwachen Regierung Ludwig des Kindes die Ostmark verwüste-
ten und bereits an den jenseitigen Gestaden der Enns anlangten, von wo aus sie schon wieder-
holte Raubzüge in das Land am linken Flussufer machten. Das alte tief und flach gelegene Lorch
erschien eben gar nicht mehr zur Anlage von solchen Vertheidigungswerken geeignet, die der
damaligen Auffassung des Befestigungswesens entsprachen; man suchte vielmehr hiezu einen hoch-
gelegenen Punkt und fand jenen Hügel am besten geeignet, auf dem das heutige Enns liegt
und von wo man einen freien Ausblick in die weite Ferne nach fast allen Seiten hatte.
Doch konnte diese Grenzveste, die zwar selbst niemals in die Hände der Avaren kam, in der
Folge die Umgegend nicht vor den Gräueln schützen, die dieses Volk dort verübte. Seit dem
Jahre 907, als der bayerische Herzog Liutpold von Enns aus einen Kriegszug gegen dasselbe
unternahm, der aber höchst unglücklich ausfiel, verletzten die Avaren die Ennsgrenze unzählige
Male und durchzogen plündernd und mordend fast ganz Süddeutschland, bis endlich Mitte des
X. Jahrhunderts Kaiser Otto I., der Grosse, an der Spitze der fränkischen, alemanischen, säch-
sischen und böhmischen Aufgebote ihnen in der Schlacht am Lechfelde (955) den verdienten
Lohn heimzahlte und sie für immer aus diesen Gegenden Deutschlands verjagte. Auch ihre Stand-
lager an der Enns gaben sie auf und kehrten in ihre alten Wohnsitze zurück.
Gleich der ganzen Gegend dürfte auch Lorch unter diesen Drangsalen wesentlich gelitten
haben, überhaupt hatte die Laurenzkirche sammt dem dabei befindlichen Orte seit dem Aufhören
des dortigen Bischofssitzes nie mehr zum alten Ansehen gelangen können, wenn sie auch damals
noch die Pfarrkirche für Enns war und es noch durch einige hundert Jahre geblieben ist. Wohl
hatte man es unter dem Passauer Bischof Pilgrim wieder im Sinne Lorch zu einer Metropolie mit
Umgehung von Salzburg zu erheben und sollte eben derselbe zum dortigen Erzbischof eingesetzt
werden, allein dieses Unternehmen scheiterte an Kaiser Otto II., der seine Einwilligung dazu ver-
sagte, und als Entschädigung dafür diesem ehrsüchtigen Bischöfe die Ennsburg sammt zehn Huben
im Dorfe Lorch schenkte. 986 hielt Bischof Pilgrim dort eine Synode, in der er durch eidlich be-
kräftigte Aussagen feststellen liess, dass die Zehnten in dem Lande zwischen Enns und Wiener-
wald, so weit sie nicht andern Kirchen zuständen oder durch königliche Vergebung bestimmten
Personen verliehen seien, vor dem Barbareneinfälle sämmtliche dem Bisthum Passau gehört hätten.
Beiläufig im Jahre 1030 kam die Stadt Enns sammt ihrem Gebiete, somit auch Lorch, in
wahrscheinlicher Anerkennung der kräftigen Unterstützung, die der traungauer Graf Ottokar dem
Kaiser Konrad im Kriege gegen die Magyaren leistete, an jenen als passauisches Lehen.
 
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