jfronMentt 51
sie malen kann. Das muß so sein, Lust und Qual des Künstlers, nicht unsere Sache.
Uns bleibt nur die Freude übrig. In den anderen Bildern bleibt die Qual. Warum quälte
er sich mit den entlegenen Dingen? Zwang er sich nicht gewaltsam, mit fremden Augen
zu sehen? Wohl führt in dem „Demokrit“ die feierliche Stimmung zu einem breiteren
Gefüge als die im Nu entstandene Landschaft von Nievre verlangt. Die Folge hebt den
Anlaß nicht auf. Jeder polstert seinen Kompromiß, so gut er kann. Begrenzt man die
Frage auf die Periode, die uns hier beschäftigt, könnte die Antwort nur negativ ausfallen.
Angenommen, Corot sei mit fünfundvierzig Jahren gestorben, so würde man ihn als
glänzendes Talent feiern und ihm nachsagen, er sei zur rechten Zeit gegangen, gerade
im Begriff, sich in einen unwürdigen Frondienst zu begeben.
Da er noch gut dreißig Jahre weiter lebte und die Frone den Bonhomme nicht geknickt
hat, haben konditionale Litaneien keinen Wert. Wir müssen uns dran gewöhnen, die
zwei Corot nebeneinander zu sehen. Das fällt uns nicht leicht. Wir wissen nichts von
dem gültigen Anspruch der Gemeinde, der den Künstler bestimmen könnte, und sehen
in der Unteilbarkeit der Persönlichkeit ein unveräußerliches Gut. Was bliebe uns sonst?
Früher ließ man eher mit sich handeln. In Corots Tagen hatten alle Dichter einen Neben-
beruf, waren Bibliothekare, erzogen Söhne begüterter Aristokraten oder arbeiteten in
einer Kanzlei. Nehmen wir bis auf weiteres den „Salon“ für die Kanzlei und übersehen
wir zunächst die Willfährigkeit eines Schöpfers, der für sein tägliches Brot des Neben-
berufs nicht bedurfte. Die Kanzlei hinderte ihn nur in den Dienststunden und ließ ihm
für den Hauptberuf Muße genug. Ohnehin zählen die paar Wintermonate für den Land-
schafter gering. Stellen wir uns einen primitiven Menschen vor, der nicht untätig auf
den Sommer warten wollte. Er sucht die Winterzeit irgendwie zu verwenden. Den-
ken wir uns einen ganz primitiven Menschen ohne klang zum Grübeln. Es gelingt ihm,
im Winter, die Sehnsucht nach dem Sommer zu überwinden. Vergegenwärtigen wir uns
einen mit beispiellosem Talent zum Glück gesegneten Menschen. Schließlich bringt der
schauderhafte Frondienst Früchte, die im Freien nie gewachsen wären. Solche Sommer-
menschen im Winter sind die geborenen Lyriker. Manchmal wissen sie es selbst nicht
und wollen es nicht sein, wie man dem La Fontaine nachsagte.
sie malen kann. Das muß so sein, Lust und Qual des Künstlers, nicht unsere Sache.
Uns bleibt nur die Freude übrig. In den anderen Bildern bleibt die Qual. Warum quälte
er sich mit den entlegenen Dingen? Zwang er sich nicht gewaltsam, mit fremden Augen
zu sehen? Wohl führt in dem „Demokrit“ die feierliche Stimmung zu einem breiteren
Gefüge als die im Nu entstandene Landschaft von Nievre verlangt. Die Folge hebt den
Anlaß nicht auf. Jeder polstert seinen Kompromiß, so gut er kann. Begrenzt man die
Frage auf die Periode, die uns hier beschäftigt, könnte die Antwort nur negativ ausfallen.
Angenommen, Corot sei mit fünfundvierzig Jahren gestorben, so würde man ihn als
glänzendes Talent feiern und ihm nachsagen, er sei zur rechten Zeit gegangen, gerade
im Begriff, sich in einen unwürdigen Frondienst zu begeben.
Da er noch gut dreißig Jahre weiter lebte und die Frone den Bonhomme nicht geknickt
hat, haben konditionale Litaneien keinen Wert. Wir müssen uns dran gewöhnen, die
zwei Corot nebeneinander zu sehen. Das fällt uns nicht leicht. Wir wissen nichts von
dem gültigen Anspruch der Gemeinde, der den Künstler bestimmen könnte, und sehen
in der Unteilbarkeit der Persönlichkeit ein unveräußerliches Gut. Was bliebe uns sonst?
Früher ließ man eher mit sich handeln. In Corots Tagen hatten alle Dichter einen Neben-
beruf, waren Bibliothekare, erzogen Söhne begüterter Aristokraten oder arbeiteten in
einer Kanzlei. Nehmen wir bis auf weiteres den „Salon“ für die Kanzlei und übersehen
wir zunächst die Willfährigkeit eines Schöpfers, der für sein tägliches Brot des Neben-
berufs nicht bedurfte. Die Kanzlei hinderte ihn nur in den Dienststunden und ließ ihm
für den Hauptberuf Muße genug. Ohnehin zählen die paar Wintermonate für den Land-
schafter gering. Stellen wir uns einen primitiven Menschen vor, der nicht untätig auf
den Sommer warten wollte. Er sucht die Winterzeit irgendwie zu verwenden. Den-
ken wir uns einen ganz primitiven Menschen ohne klang zum Grübeln. Es gelingt ihm,
im Winter, die Sehnsucht nach dem Sommer zu überwinden. Vergegenwärtigen wir uns
einen mit beispiellosem Talent zum Glück gesegneten Menschen. Schließlich bringt der
schauderhafte Frondienst Früchte, die im Freien nie gewachsen wären. Solche Sommer-
menschen im Winter sind die geborenen Lyriker. Manchmal wissen sie es selbst nicht
und wollen es nicht sein, wie man dem La Fontaine nachsagte.