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Drittes Capitel. Stile Bramantesco.

Als Meister dieser Bildwerke gilt Ambrogio Foppa il Caradosso. Darauf soll
später, in anderem Zusammenhang, zurückgekommen werden. Hier sei nur betont, dafs
dieser Bildschmuck in so unmittelbarer, organischer Verbindung mit dem Bauwerk steht,
wie es nur bei einem innigen Zusammenarbeiten des Architekten und des Bildhauers
möglich ist.
* *

Kirchenraum.
Dafs diese Sacristei Bramantes persönliche Schöpfung sei, ist niemals in Zweifel
gezogen worden. Darf man dafür doch selbst das Zeugnifs des „besten Gewährsmannes“,
Cesarianos,1) geltend machen. Anders steht es um sein Verhältnifs zum heutigen
Langhaus (Abb. 52). Wie weit die Anlage desselben und vielleicht auch die des nörd-
lichen Seitenschiffes des älteren „Querhauses“ von der Raumgestaltung der frühmittel-
nnen. Das Mittelschiff
dieses Langhauses mit
seinem Tonnengewölbe
schliefst sich dem Quer-
haus ganz regelrecht an,
seine mit Kreuzgewöl-
ben überspannten Sei-
tenschiffe aber setzen
sich nur an dessen
Nordseite fort, und
ebenso fehlt die räum-
liche Weiterführung des
ganzen Langhaussyste-
mes über das Quer-
schiff hinaus, durch
welche die T-Form zur
Kreuzform würde. Die
erstere war eben unab-
änderlich durch die be-
reits vorhandene Süd-
front gegeben, die sich
nach aufsen nicht durchbrechen liefs, weil dort die an sich schon enge Via del Falcone entlang
führte. Da half man sich im Inneren durch die berühmt gewordene Scheinarchitektur,2)
welche eine Fortsetzung des Langhaus-Mittelschiffes jenseits der Vierung als gewölbte Chor-
nische vorspiegelt (Abb. 52). Das Pfeiler-, Arcaden- und Gewölbesystem des nördlichen Lang-
hauses wird in ein Reliefbild übersetzt, wie wir es später besonders in der lombardischen
Renaissance plastik ungemein häufig als stattlichen Hintergrund der Hauptscenen wieder-
finden werden. Soffitenartig schieben sich die vier das Gebälk tragenden hohen Pilaster
und die mit ihnen vereinten niedrigen Arcadenpfeiler vor einander. Die Arcaden selbst,
sowie das Gebälk sind in entsprechender Verkürzung reliefirt, und so wird in Verbindung
mit dem oben folgenden perspectivischen Reliefbild des cassettirten3) Tonnengewölbes, das
1) In seinem Vitruv-Commentar (Como 1521) Bl. 70 verso. Vergl. Casati, a. a. O. S. 28.
2) Auf diese pflegt man die zweite Stelle über S. Satiro (Bl. 70 verso) im Vitruv-Commentar
Cesarianos zu beziehen: ,,. . . ma pono havere le cupule: seu nichie capellete in circuito facte di
bassorilievo: como molti moderni hanno facto per la ratione optica: pare habiano uno introrso magno:
si como in la predicta ede del Divo Satyro ha architectata epso Bramante.“ Allerdings steht hier
„edes“, während früher von der „Sacrastia“ die Rede ist, aber die Worte: „capellete in circuito“
passen doch eher auf die Nischen der centralen Sacristei, als auf die. des länglichen Scheinchores.
Keinesfalls enthält diese Stelle für Bramantes Antheil an dem Scheinchor einen unumstöfslichen Beweis.
3) Ueber die Cassettirung in S. Satiro vergl. LucaPacioli, De divina proportione. Venezia 1509.
cap. LIV. S. 16.

alterlichenTBasilica abhängig war, läfst sich heute nicht mehr


Abb. 51. Mailand. S. Satiro. Querhaus (nach Strack).
 
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