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Rogge, Jörg [Oth.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

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Nolte, Cordula,: der leib der hochst schatz – Zu fürstlicher Körperlichkeit, Gesunderhaltung und Lebenssicherung (1450-1550). Familien- und alltagsgeschichtliche Perspektiven
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https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0064

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Cordula Nolte

Oberste Priorität hatte für den Leibarzt der Dienst am Fürsten persönlich, ihm
hatte er jederzeit zur Verfügung zu stehen. Er begleitete ihn gewöhnlich auf Reisen,
manchmal sogar ins Feldlager oder auf die Jagd, oder wurde ihm im Notfall nach-
geschickt.72 Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg scheint 1470, als er die Regie-
rung niederlegte und aus der Mark nach Franken umzog, seinen Arzt mitgenom-
men zu haben/2 1531 sollte dem abgesetzten Exregenten Markgraf Friedrich dem
Älteren der Umzug von Ansbach auf die Plassenburg schmackhaft gemacht wer-
den, indem man ihm seinen Arzt und den Apotheker mitgab.74 Markgraf Georgs
Leibarzt hatte seinen Platz am Tisch des Fürsten - Ausdruck unmittelbarer Nähe
und hohen Rangs innerhalb der Hofgesellschaft.75
War der Fürst in Begleitung des Arztes unterwegs, so sorgten andere Mitglie-
der des Medizinerstabs für seine Angehörigen, sofern nicht ausdrücklich ein zwei-
ter Leibarzt für die Fürstin berufen wurde. Am preußischen Hof etwa wurde 1544
und 1567 ein zweiter Leibarzt eingestellt, der die Herzogin behandelte, aber auch
dem Herzog verpflichtet war.76 Bei Personalreduktionen wegen hoher Verschul-
dung versuchte man allerdings auch an den Leibärzten zu sparen, deren Jahresbe-
züge im markgräflichen Dienst in der Regel bei 100 fl zuzüglich Beköstigung und
diverser Vergünstigungen lagen und somit den Sold für Barbiere und Bader um ein
Vielfaches überstiegen. Im Zuge von Sparmaßnahmen, die Markgraf 1532 Georg
nahegelegt wurden, war nur ein Leibarzt zu aller Herrschaft vorgesehen'7, und ein

72 Hier nur einige Beispiele: Der pfalzgräfliche Archiater Palatinus Johannes Lange war jahrzehn-
telang der Reisebegleiter Kurfürst Friedrichs II. Vgl. Viktor Fossel, Aus den medizinischen
Briefen des pfalzgräflichen Leibarztes Johannes Lange. 1485-1565, in: Sudhoffs Archiv 7,1913,
S. 238-252. Reprint: Archiv für Geschichte der Medizin 7,1964. Meister Niklas [Horn] erbot sich,
aus Ansbach zu Kurfürst Albrecht ins Feldlager an den Rhein zu kommen (vgl. unten, Anm. 79).
Der Barbier Hans zu Bayreuth, den Markgraf Albrecht 1468 zum Wundarzt (jedoch nicht als
Leibarzt) für sich und seine Familie bestellte, verpflichtete sich, dem Fürsten auch im Feldzug
und wohin auch immer er beordert würde zu dienen. StAN, Fm. AN, Gemeinbuch Nr. IV, Bl. 61.
Herzog Bogislaw X. von Pommern hatte bei einem Jagdunfall 1488 seinen Wundarzt dabei. So
Kantzow, Pomerania (wie Anm. 10), S. 46. Markgraf Casimir ließ, als er 1527 in Ofen an der
Ruhr erkrankte, seinen Leibarzt Dr. Franz Bachmann kommen. Am 17. Sept. 1527 forderte sein
Bruder Georg den Arzt auf, sofort dorthin aufzubrechen. GStAB, BPH, Rep. 41 II K 1.
73 Die für seinen Alterssitz, die Plassenburg, erstellte Hofordnung verzeichnete einen Arzt Meister
Johannes. Er könnte mit Friedrichs 1465 (ohne Leibarzttitel) bestalltem Arzt Dr. Johannes Mau-
rer identisch gewesen sein. Hofordnung Plassenburg 1470. StAB, C 17 V, Nr. 8521, Bl. 2r-16v,
hier Bl. 7r. Vgl. zu Maurer Ahrens, Residenz (wie Anm. 61), S. 176.
74 Empfehlung der Statthalter an Friedrichs Sohn, den regierenden Markgrafen Georg, vom
10. Nov. 1531. StAN, Fm. AN, BA Abg. 1996, Nr. 3-244, Bl. 174-175. Ein um 1530 erstelltes Ver-
zeichnis der Personen, die bei einem Umzug aus der Ansbacher Residenz auf die Plassenburg
mitkommen sollten, nannte unter Markgraf Georgs Personal seinen Leibarzt Dr. Johannes
Weinmann und einen Barbier sowie im Gefolge seines Vaters einen Bader. Ebd., Fm. AN, GA,
Nr. 11, Bl. 82-90. Abgedruckt (mit kleinen Abweichungen) bei Sabine Weigand-Karg, Die Plas-
senburg. Residenzfunktion und Hofleben bis 1604, Weißenstadt o. ]., S. 178-181. Vgl. zu Fried-
richs und Georgs Leibärzten Krauss, Leibärzte (wie Anm. 64), S. 3-7.
75 Anschlag zur Hofhaltung auf der Plassenburg 1542. StAB, C 3-42, prod. 2, Bl. 9-24, hier Bl. 13v.
76 Scholz, Ärzte (wie Anm. 52), S. 57, S. 75. Zusammenlebende fürstliche Brüder wie die Markgrafen
Sigmund und Friedrich von Brandenburg-Ansbach hatten neben gemeinsamen Leibärzten eben-
falls solche für ihre Person in sunderkeit. Schreiben Friedrichs an seinen Stiefbruder Kurfürst Jo-
hann, 4. März 1495, über Sigmunds Krankheit, Sterben und Tod. GStAB, BPH, Rep. 27 V 7, Bl. 2-3.
77 StAN, Rep. 103 a I, AGR A, Nr. 12.
 
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