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Bruhn, Stephan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Christian-Albrechts-Universität zu Kiel [Mitarb.]; Jan Thorbecke Verlag [Mitarb.]
Reformer als Wertegemeinschaften: zur diskursiven Formierung einer sozialen Gruppe im spätangelsächsischen England (ca. 850-1050) — Mittelalter-Forschungen, Band 68: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2022

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69837#0099

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II. Alfredianische Reformen

spezifischen Perspektivierung des Sachverhaltes in der Vita erklären. Denn der
Waliser stellt bei seiner Beleuchtung der unterschiedlichen Leiden Alfreds vor
allem Bezüge zu anderen Wertevorstellungen her, wie aus der nachfolgenden
Analyse ersichtlich werden wird. Daher ist auf eine eigenständige Untersuchung
dieses Wertefeldes hier verzichtet worden, um Redundanzen zu vermeiden.
II.2.1. Gehorsam
Gehorsam bildet ein Verhaltensideal, welchem im Kontext der alfredianischen
Reformen allgemein ein hoher Stellenwert zugesprochen werden kann. Vor
allem die altenglischen Übersetzungen des Königs sind dabei als Bausteine eines
auf die Person des Königs zugeschnittenen Herrschaftsdiskurses interpretiert
worden, in welchem die Weisungsbefugnis Alfreds gegenüber seinen Herr-
schaftsträgem auf unterschiedlichen Ebenen untermauert würde.248 Vor diesem
Hintergrund verwundert es nicht, dass auch in der Alfredsvita Assers gleich
mehrere Stellen den Gehorsam der untergeordneten Herrschaftssträger gegen-
über ihrem König thematisieren.
Bei seiner Schilderung der Rebellion von Alfreds Bruder /Ethelbald gegen
den gemeinsamen Vater /Ethel wulf in Kapitel 12 berichtet der Waliser etwa
gleich mehrfach von der Folgsamkeit, welche die nobiles des Reiches ihrem
rechtmäßigen König erwiesen hätten.249 /Ethelbald habe dabei zusammen mit
anderen Herrschaftsträgem, von denen Bischof Ealhstan von Sherbome und
Ealdorman Eanwulf von Somerset namentlich genannt werden, die durch eine
Romfahrt bedingte Abwesenheit /Ethelwulfs dazu nutzen wollen, eine dauer-
hafte Vertreibung des Vaters aus seinem Reich zu initiieren. Diese sei aber
letztlich durch das Wirken Gottes und den Widerstand der nobiles gescheitert.250
Nicht nur habe die von /Ethelwulf als friedenswahrende Beilegung des Kon-
fliktes vorgeschlagene Reichsteilung die Zustimmung aller gefunden.251 Die
Billigung dieses Aktes habe vielmehr laut Asser der eigentlichen Intention der
nobiles in dieser Situation widersprochen und kann somit als besonderer Aus-
druck des Gehorsams gewertet werden: Obwohl das gesamte Volk, wenn der
Vater es nur zugelassen hätte, für eine Vertreibung des durch und durch negativ
gezeichneten /Ethelbald eingetreten wäre, habe es dem Wunsch /Ethelwulfs

248 Vgl. hierzu Pratt, Thought, S. 338-345.
249 Vgl. dazu auch Abschnitt II.2.1. in der vorliegenden Arbeit.
250 Nam/Ethelbaldus rex, et Ealhstan, Scireburnensis ecclesiae episcopus, Eanwulf quoque Summurtunensis
pagae comes coniurasse referuntur, ne unquam /Ethelwulf rex, a Roma revertens, Herum in regno reci-
peretur. [...] Nam redeunte eo a Roma, praedictus filius regis /Ethelwulfi cum omnibus suis consiliariis,
immo insidiariis, tantum facinus perpetrare tentati sunt, ut regem a regno proprio repellerent: quod nec
Deus itafieri permisit, nec nobiles totius Saxoniae consenserunt. Asser, De rebus gestis /Elfredi, Cap. 12.
Die Textpassage findet in der Angelsächsischen Chronik keinerlei Entsprechung. Vgl. dazu auch
die Anmerkungen in Lapidge/Keynes, Alfred, S. 234, Anm. 26, sowie die dort angegebene Lite-
ratur.
251 [... ] [I]neffabili patris deinen tia et omnium astipulatione nobilium, adunatum an tea regn um in ter patrem
etfilium dividitur [...]. Asser, De rebus gestis /Elfredi, Cap. 12.
 
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