Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

DOI Artikel:
Herrmann, Paul: Mumienbildnisse aus römischer Kaiserzeit in der Skulpturensammlung zu Dresden
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0013
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MUMIENBILDNISSE AUS RÖMISCHER KAISERZEIT
IN DER SKULPTURENSAMMLUNG ZU DRESDEN

Wenig mehr denn zwanzig Jahre nur ist es her, daß die Zeugen
einer antiken Bildnismalerei, wie sie in zwei Vertretern auf unseren
Tafeln erscheinen, in das Gesichtsfeld künstlerisch interessierter Kreise
eintraten und die Wissenschaft lebhafter zu beschäftigen anfingen. Vor-
her in wenigen, verstreuten Exemplaren zwar bekannt, aber in ihrer
Vereinzelung nicht sonderlich beachtet, wurden diese Denkmäler mit
einem Schlage der größten Aufmerksamkeit und teilweise höchster Be-
wunderung gewürdigt, seit der Wiener Großkaufmann Theodor Graf
1887 seine berühmte Galerie antiker Porträts aus Funden in der mittel-
ägyptischen Provinz Faijum zusammenbrachte und in wiederholten Aus-
stellungen öffentlich bekannt machte. Kurz darauf förderten Grabungen
des Engländers Flinders Petrie einen zweiten Schatz gleichartiger Male-
reien, wiederum im Faijum, zutage, und die so gewonnene stattliche
Reihe sogenannter „Mumienbildnisse“, durch gelegentliche Einzelfunde
immer wieder vermehrt, bildet nunmehr einen festen Besitztitel in der
auf uns gelangten künstlerischen Hinterlassenschaft der Antike, unsere
Vorstellungen von dem Wollen und Können der antiken Kunst gerade
auf demjenigen Gebiete bedeutsam erweiternd, wo der Erkenntnis so
empfindlich enge Grenzen gesetzt sind, dem Gebiete der Malerei.
Auf ägyptischem Boden gefunden und den Forderungen ägyptischen
Bestattungsbrauches dienend haben diese Mumienbildnisse gleichwohl,
wie ein erster Blick lehrt, weder mit dem bekannten Rassetypus der
Ägypter noch mit national-ägyptischer Kunstübung etwas zu tun. Sie
wurzeln künstlerisch in der auch über das Niltal gebreiteten hellenistisch-
römischen Kultur und sind als deren Erzeugnisse zu werten, verdanken
aber ihre Entstehung der Rückwirkung uralter Landessitte, der Mumi-
fizierung der Leichen, die mit zäher, bodenwüchsiger Kraft auch die
ursprünglich stammfremden Bewohner unter ihren Bann zwang. Schon
in altägyptischer Zeit war es üblich gewesen, das Gehäuse für die
Bergung der Mumie, Holzsarg oder Kartonhülle, entweder in voller
Menschengestalt zu bilden, oder wenigstens am oberen Ende einen
plastisch durchmodellierten Kopf herauszuarbeiten, dazu die auf der
Brust gekreuzten Hände, so daß ein solcher Sarg selbst wieder das
Bild einer in ihre Binden gewickelten Mumie bot, aus denen Kopf
und Hände des Bestatteten herauszuragen schienen. Diese Form und

Mitteilungen a. d. Sachs. Kunstsammlungen II

1
 
Annotationen