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Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

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Engelmann, Max: Das Meisterstück des Nürnberger Uhrmachers Paulus Schuster
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https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0047
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DAS MEISTERSTÜCK DES PAULUS SCHUSTER

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DAS MEISTERSTÜCK DES NÜRNBERGER UHRMACHERS
PAULUS SCHUSTER
Die Einführung der spiralig gewundenen Zugfeder als Kraftspender der
Uhr zu Beginn des 16. Jahrhunderts stellt einen der bedeutendsten
Umwandlungsprozesse in der alten Uhrenkunst dar, da nunmehr die
Herstellung transportfähiger, mechanischer Zeitmesser möglich geworden
war. Die schwere, untransportable, durch Gewichtszug betriebene
Wanduhr der Gotik war überwunden. Ihr entstanden siegende Mitbewerber
in den neuen Arten und Formen der Stand- und Taschenuhr. Ob die
Wiege dieser neuen Federzuguhren in einer der überraschend schnell
aufgeblühten Schlosser- und Uhrmacherwerkstätten Nürnbergs oder
Augsburgs gestanden, läßt sich nicht mehr nachweisen, sicher aber
fällt ihre Kindheit mit dem Einsetzen der Renaissance im deutschen
Süden zusammen. Mit dem erwähnten technischen Fortschritt eint
sich hier die vollkommenste künstlerische Gestaltung. Während die
ernstere, die mathematischen Formen betonende gotische Uhr das
Werk als etwas Wesentliches sehen ließ, umkleiden bereits die Meister
der frühesten Federzuguhren das Werk fast ausnahmslos mit dem
lebendigsten und reichsten Schmuck.
Unter den Standuhren des 16. Jahrhunderts finden sich besonders
häufig die turmartig geformten vor. Da man in dieser Zeit immer
mehr die Türme der Kirchen, Rathäuser und Stadttore mit Uhren ver-
sah, war es naheliegend, diese monumentalen Zeitkünder als Vorbilder
für Zimmeruhren zu wählen. Der Mathematisch-physikalische Salon
in Dresden besitzt mehrere erlesene Werke dieser Art und Zeit. Dar-
unter ist eines der beachtlichsten das Meisterstück des Nürnbergers
Paulus Schuster, dem nachstehende Ausführungen gewidmet sein sollen.
Zur Geschichte dieser Uhr und ihres Erbauers sei zunächst fol-
gendes bemerkt. Ein Einnahmejournal der kurfürstlichen Kunstkammer
zu Dresden, begonnen 15871), besagt über die Erwerbung der Uhr:
„1 Schlagente Uhr, Welche mit einen Astrolabium Calend Welsche und
Teuzsche Stunden Tag unnd nacht lenge in sich begreifft, Ist ein hann
ehe es schlegt so krehet er, hat solch Wergk ein Uhrmacher von
Nurnbergk zum Meysterstück gemacht Paulus Schuster genannt, Und
meiner gnedigst. Frauen2) umb 700 Thaler verkaufft, hat dieselbe Ihr
i) Hauptstaatsarchiv Dresden Loc. 18239 Fol. 58.
2) Sophia, Gemahlin Kurfürst Christian I. (reg. 1586—1591).
 
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