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Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

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Haenel, Erich: Hofkleider Johann Georgs I. im historischen Museum zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0059
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HOFKLEIDER JOHANN GEORGS I.

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HOFKLEIDER JOHANN GEORGS I.
IM HISTORISCHEN MUSEUM ZU DRESDEN
Wenn man das Kulturniveau einer geschichtlichen Periode nach dem
Maße von Reichtum des Ornamentes und Kostbarkeit des Materiales
beurteilen wollte, das die künstlerischen und gewerblichen Erzeugnisse
dieser Periode offenbaren, so müßte der Zeit um die Wende des sech-
zehnten Jahrhunderts ein besonders hoher Rang zugebilligt werden.
Die Wunden der Reformationskämpfe waren allgemach vernarbt; zwar
blieb die von konfessionellen Gegensätzen genährte Spannung zwischen
Kaisertum und Territorialfürstentum zugunsten der fürstlichen und
städtischen Regierungen im Wachsen, aber das Volk selbst hatte unter
den politischen Konflikten, welche vielfach nur Erbrechtsansprüche be-
trafen, kaum zu leiden. Handel und Gewerbe blühten und die ge-
lehrten Berufe fanden an den zahlreichen Fürstenhöfen Schutz und
Pflege. Zwar waren die Finanzen der Fürsten fast überall durch die
Ausgaben für die Türkenkriege, für den Reichshofrat und das Kammer-
gericht stark belastet, trotzdem aber herrschte in den fürstlichen Haus-
haltungen ein Luxus, der geradezu mit unbeschränkten Mitteln zu
arbeiten schien. Was die künstlerische Gestaltung der kunstgewerb-
lichen Arbeiten anlangt, so kamen die üppigen, quellenden Formen
der Spätrenaissance diesem auf das Prächtige, Repräsentative gerichte-
ten Geschmack entgegen. Was an Gold und Silber, Zinn und Bronze
und Kunstschmiedearbeiten, an Gobelins und seidenen Tapeten, an
geschnitzten und eingelegten Möbeln damals ein fürstlicher Hausrat
enthielt, das legt Zeugnis ab von einer Fruchtbarkeit der Phantasie,
von einer Kraft und Tiefe des sinnlichen Behagens, für die in der
Entwicklung des Geschmackes wenig Beispiele vorhanden sind.
Der allgemeinen Neigung zu Pracht und Luxus zollten auch die
textilen Künste ihren Tribut. Da das heimische Gewerbe die Bedürf-
nisse der Vornehmen nach kostbaren Stoffen für ihre Gewandung nicht
befriedigen konnte, so wandte man sich nach Italien, wo die altberühmten
Seidenmanufakturen von Venedig und Genua, Florenz und Mailand die
herrlichsten Brokate und Damaste erzeugten. Die Kunst der Gold-
brokatweberei, wobei die Fäden, glatt oder genoppt, das noch vielfach
von dem alten Granatapfelmotiv abhängige Muster durchzogen, oder
gar als flache Metallstreifen, Goldlahn, schimmernde Flächen bildeten,

Mitteilungen a. d. Sachs. Kunstsammlungen II

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