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Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

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Holz- und Metallschnitte im Kupferstichkabinett zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0038
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MITTEILUNGEN A. D. S. KUNSTSAMMLUNGEN 1911

HOLZ- UND METALLSCHNITTE IM KUPFERSTICHKABINETT
ZU DRESDEN.
Unter den Schätzen alter Kunst, die das Kupferstichkabinett zu
Dresden aufbewahrt,überragen die Kupferstiche des 15. Jahrhunderts
an Bedeutung derart alles andre, daß man zu leicht vergißt, den übri-
gen Abteilungen des Kabinetts seine Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Manch einer wird erst durch den stattlichen Abbildungsband1), den Max
Geisberg 1911 herausgab, erfahren haben, daß die Dresdner Samm-
lung eine ganze Reihe beachtenswerter Holz- und Metallschnitte aus
der Zeit des 15. Jahrhunderts besitzt. Im allgemeinen genießen ja
die Holzschnitte des 15. Jahrhunderts lange nicht die Teilnahme, die
die Kupferstiche der gleichen Zeit immer erweckt haben; denn die
Erzeugnisse der frühen Holzschneidekunst sind fast durchgängig hand-
werklicher Natur und stehen deshalb an künstlerischem Wert nur selten
auf der Höhe der gleichzeitigen Kupferstiche. Doch sind vor allem
in der Frühzeit des Jahrhunderts ganz prächtige Holzschnitte entstanden,
die in ihrer schmiegsamen und vollen Formgebung den Primitiven der
Kölner Malerschule ebenbürtig zur Seite stehen; und die verwandte
Technik des Metallschnitts wurde in der zweiten Hälfte des Jahr-
hunderts mit solcher Feinheit gehandhabt, daß auch ein verwöhntes
Auge auf solchen Blättern mit Genuß verweilt. Leider widerstreben
die frühen Holzschnitte, die erst durch Handbemalung ihre Vollendung
erhielten, der modernen Reproduktionstechnik; und deshalb fordern
die Abbildungen des Geisbergschen Werkes, das um der wissenschaft-
lichen Genauigkeit willen ohne Farbe, nur in Lichtdruck hergestellt
wurde, besonders dazu auf, daß man die Originale selbst zur Hand
nimmt. Die Dresdner Sammlung ist an Formschnitten nicht so reich
wie die entsprechenden Sammlungen in München und Berlin, denn sie
ist, der Hauptsache nach, erst in den letzten beiden Jahrzehnten zu-
stande gekommen. Hoffentlich dient die Geisbergsche Publikation
dazu, daß diese Abteilung der Dresdner Sammlung in der Folge
immer mehr die Beachtung erfährt, die sie ihres historischen und
ästhetischen Wertes wegen verdient. Blätter, wie das „Jüngste Ge-
richt“ (Geisberg, Tafel 10), aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts,
und wie die beiden Metallschnitte mit „Stehenden Aposteln“ (Geisberg,
Tafel 73 u. 74) werden dem, der sie einmal im Original gesehen hat,
diesen Wunsch gerechtfertigt erscheinen lassen.
x) Die Formschnitte des 15. Jahrhunderts im Kgl. Kupferstichkabinett zu
Dresden. Herausgegeben von Prof. Dr. M. Geisberg. Mit 82 Abbildungen in
Lichtdruck. Straßburg.
 
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