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Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

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Schinnerer, Johannes: Die Sammlung Becher im deutschen Buchgewerbemuseum zu Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0076
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MITTEILUNGEN A. D. S. KUNSTSAMMLUNGEN 1911

gefertigten Bände der Sammlung, die die Kamee mit dem Sonnenreigen
Apollos im Spiegel zeigen. (S. Abb.)
Von der Mitte des 16. Jahrhunderts hat Frankreich in allem, was
die Entwicklung des Bucheinbandes betrifft, die Führung, vor allem
durch die Unterstützung der französischen Könige, die die Tradition
eines Grolier und Maioli lange Zeit hindurch fortsetzten. Es ist be-
kannt, wie viel das Buchbindegewerbe der alten Zeit Heinrichs II. und
seiner Gemahlin Katharina von Medici zu verdanken hat; berühmt sind
die Einbände, die dieser König für seine Geliebte Diana v. Poitiers
herstellen ließ. Die Bucheinbände des späten 16. Jahrhunderts werden
sehr häufig durch den Liliendekor charakterisiert, der die Fläche mit
Ausnahme des von dem Wappen eingenommenen Mittelstückes bedeckt.
Allmählich entwickelt sich die Dekoration mit 8förmigen Verschlin-
gungen, dazwischen eingestreuten Palmenzweigen und Spiralranken, die
man „a la fanfare“ nennt und mit dem Buchbinder Nicolaus Eve in
Zusammenhang bringt. Die nachweisbaren Einbände dieses Meisters
sind aber gar nicht charakteristisch für diesen Stil, von dem eine
Abart die „ä la marguerite“ gebundenen Bücher darstellen, die sehr
häufig vorkommen — auch in unserer Sammlung, die einige prächtige
Beispiele von Dekorationen ä la fanfare aus einer offenbar sehr ge-
schätzten Werkstatt besitzt. Für den französischen Einband des 17. Jahr-
hunderts sind bezeichnend die Muster mit Punktstempeln, die wie
ein leichtes Gewebe die Buchfläche überziehen und deren Erfindung
man dem mystischen „Le Gascon“ zuweist, den manche mit dem besser
beglaubigten Florimond Badier identifizieren wollen. Auch von dieser
Art von Bucheinbänden besitzt die Kollektion gute Beispiele, ebenso
von den Bucheinbänden des 18. Jahrhunderts, in dem Buchbinder wie
Derome, Padeloup, Dubuisson — einige von ihnen waren auch Verleger —
tätig waren.
Als neues Dekorationsmotiv tritt zu dieser Zeit nach den fächer-
förmigen Mustern „ä l’eventail“, die noch am Ende des 17. Jahrhunderts
aufkamen, die Dekoration „ä la dentelle“ in den Vordergrund, die nicht
mehr die ganze Fläche, sondern nur den äußeren Rand mit einem feinen
mit florealen Motiven durchflochtenen Gewebe umzieht. Dazu kommen
die mit großen Blumen verzierten farbigen Mosaikbände, wovon die
Sammlung ein mit „Le Monnier“ bezeichnetes Stück besitzt; außerdem
wird es immer mehr Brauch, die Bände nicht mehr mit Einzelstempeln
in mühsamer Arbeit, sondern mit großen die ganze Fläche des Buches
einnehmenden Platten zu schmücken.
Die französische Buchbindekunst des 16. bis 18. Jahrhunderts hat
zum großen Teil auch die Kunst der anderen Länder bestimmt. In
Italien hat zwar Venedig an einer besonderen Form des Bucheinbandes
— den sog. Dogenbänden — festgehalten, die sich sehr stark an den
Orient anlehnen, sonst ist man aber besonders im 17. Jahrhundert
von Frankreich abhängig, wie die vielen in Pergament und roten Ma-
 
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