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EINLEITUNG

Die frühlaziale Ansiedlung auf und nahe dem Palatin, die wir dank der zu ihr
gehörigen Grabfunde vom Forum Romanum, vor allem denen vom Augustusbogen,
bis ins 10. Jh. zurückverfolgen können 1, zeichnet sich zwar von Anfang an durch
gewisse individuelle Eigenheiten aus; doch scheinen diese kaum über das allemal
bei prähistorischen Siedlungen Übliche beziehungsweise Faßbare hinauszugehen.
Was die in der Endbronzezeit (Zeit der Protovillanovagruppen) beginnende Sied-
lung in der Palatingegend vor anderen italischen Gemeinwesen dieser Zeit voraus
hat, ist nur die Zukunft, die ihr beschieden war.

Wir dürfen sagen, daß die geschichtliche Bedeutung Roms anhebt mit der Ent-
stehung seiner städtischen Struktur. Immer und überall bringt die Herausbildung
eines Städtewesens einen tiefgreifenden Wandel in der geschichtüchen Entwicklung
eines Landes, gleicherweise in politischer und rechtlicher, in wirtschaftlicher, sozialer
und kultureller Hinsicht. Für die Stadtwerdung Roms gilt das in ganz besonderer
Weise, ist doch die römische Geschichte erst Latiums, dann Italiens und schließlich
des ganzen Weltreiches tatsächlich die Geschichte Roms, der Urbs schlechthin.

Wann und wie Rom eine Stadt geworden ist, wird in der Forschung sehr
unterschiedlich beurteilt. E. Kornemann hat in seiner grundlegenden Untersuchung
von 1905 die wesentüchen Linien aufgezeigt, die auf Grund der literarischen Quel-

1 Vgl. H. Müller-Karpe, Vom Anfang Roms (1959). Die Datierung des Siedlungs-
beginnes in der Palatingegend wird unter Berücksichtigung der neuerlich dazu von M.
Pallottino, R. Peroni, E. Gjerstad, P. G. Gierow und H. Riemann vorgebrachten Gesichts-
punkte und Erwägungen unten S. 63 ff. erneut eingehend behandelt. Was die vieldiskutierte
Frage anlangt, ob die römische Ursiedlung auf die Palatin-Velia-Gegend beschränkt war,
wie ich darzulegen versucht habe (Vom Anfang Roms, 36 ff.), oder ob mehrere ursprüng-
lich selbständige Hügelsiedlungen vorauszusetzen sind, was erstmalig G. Pinza um die
Jahrhundertwende vermutete und in unseren Tagen erneut von E. Gjerstad vertreten
wird, so kann es sich hier selbstverständlich (der Natur der archäologischen Quellen ent-
sprechend) nicht unmittelbar um die Feststellung eines historischen Faktums, sondern
nur um die Interpretation der bis jetzt bekannt gewordenen Funde handeln. Das schränkt
die Gültigkeit der diesbezüglichen historischen Aussage ein, worüber sich jeder Ver-
ständige im Klaren ist. Nicht nur die Entdeckung der Gräber beim Augustusbogen, son-
dern das neuerliche Bekanntwerden von noch älteren Funden auf dem Gelände des Forum
Boarium führen vor Augen, daß wir auch in Zukunft vor Überraschungen nicht sicher
sind. Es hat indes wenig Wert, Betrachtungen darüber anzustellen, inwieweit künftige
Ausgrabungen (etwa in der Gegend der Quirinalsgärten oder weiter nordöstlich davon
bis zur Piazza Sallustio und zum Viale Castro Pretorio) das Bild verändern könnten; wir
müssen uns mit der siedlungsgeschichtlichen Ausdeutung des augenblicklich vorliegenden
Fundstoffes begnügen. Soweit ich sehe, wird im allgemeinen anerkannt, daß die ältesten
 
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