Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
92

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 19.

Aus den zu prüfenden Papieren wird je ein etwa
4—5 cm breiter und 10—15 cm ianger Streifen ge-
schnitten. Diese Streifen iegt man in ein grosses,
dickes, gut schiiessendes Buch in der Art ein, dass
von den zu prüfenden Streifen die Hälfte der Länge
hervorragt. Die einzelnen Teite dürfen sich nicht ge-
genseitig beschatten, wenn das Buch in das direkt
wirkende Sonneniicht geiegt wird. Zweckmässig ist es,
das Buch mit einem Gewicht oder einem sonstigen
geeigneten Gegenstand zu beschweren, um ein festes
Aufeinanderpressen der einzelnen Blätter zu erzielen.
Die Sonnenstrahlen müssen auf die hervorstehenden
Enden der farbigen und weissen Papiere ungehindert
und mehrere Stunden lang einwirken. Dabei zeigen
gerade die brillantesten Färbungan ein mehr oder
weniger starkes Verblassen, je nach dem Grade ihrer
Lichtempfindlichkeit und der Dauer der Belichtung,
während die weniger feurigen Sorten einen Tag und
noch länger belichtet werden müssen, um ein merk-
liches Zurückgehen der Farben herbeizuführen. Die
lichtechten Farben unterliegen natürlich keiner Beein-
flussung, doch sind diese der Sicherheit wegen eben-
falls zu prüfen.
Werden die Streifen nachher einer genauen Be-
sichtigung unterzogen, so fällt es nicht schwer, die
Ausbleichung ganz genau herauszufinden, weil die ver-
deckt gebliebenen Teile ihre Farbe beibehalten haben
und ein sicheres Urteil über die Beschaffenheit der Pa-
piere in bezug auf die Farben gegeben ist. Es lässt
sich nun mit Leichtigkeit bestimmen, für welche Zwecke
die Papiere verarbeitet werden können, oder ob eine
Bestellung nach den eingesandten und geprüften Proben
empfehlenswert ist.
Es sei noch bemerkt, dass stark ausbleichende
Papiere etwas an ihrer Festigkeit, Schönheit und Glätte
verlieren, dagegen ist eine lichtechte Färbung ein
wesentlicher Schutz gegen die Zermürbung des Papier-
stoffes durch das Tageslicht. Es kann demnach diese
einfache Belichtungsprobe als vorzüglich in jeder Rich-
tung auch für alle weissen Zeichen-, Mal-, Schreib- oder
sonstigen Papiere empfohlen werden, denn auch diese
verändern sich stark im Tageslicht, wenn der Rohstoff
nicht aus Lumpen besteht.
Die Angaben, die oft schon in Fachblättern über
diese oder jene Papierfärbungen gemacht wurden, sind
nicht so ganz zuverlässig, denn wenn dies wirklich bei
einer oder der anderen Färbung zutrifft, dann sind es
nur die kalten und unaufdringlichen Farben, über deren
Beständigkeit die Belichtungsprobe ebenfalls die ge-
naueste Auskunft gibt.
Die belichteten Streifen sind in einem bedeckten
Behältnis zu verwahren. Wird auf diesen die Stunden-
zahl der Belichtung angegeben, dann hat man selbst
nach langer Zeit und bevor der Vorrat aufgearbeitet
ist, die zuverlässigste Handhabe zur genauen Zweck-
bestimmung der Papiere. J. M.

Das Blattgrün und die Farbstoffe der
Blütenblätter.
In einer ausserordentlichen Sitzung der Deutschen
chemischen Gesellschaft hielt am Samstag Geheimrat
Professor Dr. R. Willstätter, Mitglied des Kaiser-Wil-
helm-Instituts in Dahlem, einen Vortrag über seine
neuesten Forschungen über das Blattgrün und die Farb-
stoffe der Blütenblätter und Früchte. Das Blattgrün ist
bekanntlich derjenige Stoff, durch den sich die Assi-
milation, also die Umwandlung der Kohlensäure der
Luft in Stärke, Zucker, Fett und Eiweiss vollzieht,
also die wichtigste Funktion für alles organische Leben
auf der Erde. Denn nur die grüne Pflanze besitzt die
Fähigkeit, sozusagen von Luft zu leben, alle übrigen

Lebewesen verdanken ihr dann indirekt die Möglich-
keit der Ernährung.
Die Isolierung des Chlorophylls war, ehe wir keine
chemischen Merkmale kannten, schwierig wegen seiner
Veränderlichkeit, seiner Indifferenz und wegen der
Leichtlöslichkeit des mit so vielen farblosen und gelben
Begleitern verdünnten Farbstoffes. Aber ohne das
Chlorophyll selbst zu untersuchen, konnten wir die
Eigentümlichkeiten seiner Konstitution aus der Be-
trachtung der Derivate ableiten, die bei der Reaktion
mit Säuren und Alkalien entstehen. So konnten aus
der Analyse der zwei Reihen von Abbauprodukten die
Merkmale des Chlorophylls so vollständig kombiniert
werden, dass sie nur zu bestätigen waren, als es schliess-
lich gelang, den natürlichen Farbstoff rein darzustellen.
Er enthält Magnesium in komplexer Bindung. Auf
Grund dieser chemischen Kennzeichnung ist eine ver-
gleichende Untersuchung des Blattfarbstoffes von über
200 Pflanzen der verschiedenen Klassen unternommen
worden mit dem überraschend einfachen Ergebnis,
dass in allen das Chlorophyll identisch ist. Und ferner
ist auf der nämlichen Grundlage mittels neuer Methoden
der Extraktion aus frischen wie aus trockenen Blättern
das Pigment in reinem Zustand isoliert worden. Es
kann heute so leicht und so reichlich gewonnen werden,
wie irgendein anderer Pflanzenbestandteil, ein Alkaloid
oder ein Zucker.
Das Chlorophyll ist ein Gemisch zweier in ihrer
Zusammensetzung sehr nahe verwandter Komponenten,
von Chlorophyll a und Chlorophyll b, die wahrschein-
lich nur in der Oxydationsstufe ihres gemeinsamen
Kernes sich unterscheiden. Die Arbeiten haben das Ziel
verfolgt, der Konstitutionsbestimmung des Chlorophylls
den Weg zu bahnen und Versuche zu ermöglichen,
eine Vorstellung von der chemischen Funktion des
Chlorophylls zu geben.
Vom Blattgrün wandte sich dann Professor Will-
stätter zu der Farbenpracht der Blüten und Früchte,
in deren Rätselwelt die Forschungen des Kaiser-Wil-
helm-Instituts gleichfalls Licht gebracht haben. Diese
Farbstoffe bilden eine Gruppe unter dem Namen An-
thocyane. Bei all diesen handelt es sich allgemein
um drei Verbindungsformen. In Verbindungen mit
Säuren sind sie rot, beim Neutralisieren sind sie violett,
die Alkalisalze vieler sind blau. Das Blau der Korn-
blume ist dem Rot der Rose nahe verwandt, der
Farbstoff des Rotweines dem der Heidelbeere, aber
mit Hilfe von Eisenchlorid kann man sie leicht unter-
scheiden. Sie alle sind Glykoside, also Verbindungen
mit verschiedenen Zuckerarten.
(M. N. N.)
Literatur.
Farbstofftabellen
von
Dr. Gustav Schultz,
Prof, der ehern. Technologie an der K. technischen
Hochschule zu München.
Fünfte vollständig umgearbeitete und stark
vermehrte Auflage der tabellarischen Uebersicht
der im Handel befindlichen künstlichen organischen
Farbstoffe (und der anorganischen Mineralfarben)
von Gustav Schultz und Paul Julius.
Komplett in 12 Lieferungen ä M. ß.— (geb.
Ladenpreis M. 40—).
Berlin 1914 (Verlag der Weidmannschen
Buchhandlung).
Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig.)
 
Annotationen