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«.Merkwürdige Einsamkeiten'» betitelt, sali ich bei ihm mehrere Male mit grossem Vergnügen. Ulrich
von Hutten’s Wohnung auf Ufenau, Klopstock’s Lieblingsplätzcheu auf der Au, Gessner’s Sihlwald,
Landolt's Landsitz hinter dem Bürglein, Wieland’s Sommeraufenthalt beim SihlWäldchen, Lavater’s
Rebhäuschen bei Wollishofen etc. etc. waren darunter. Sollte er diese Blättchen wohl radirt haben und
sollten sic zu haben sein, so würden Sie mich sehr verbinden, mir dieselben zu verschaffen. Er hatte
einmal wenigstens im Sinn, sie zu ätzen oder zu stechen oder sie in aquatinta herauszugeben; das letzte,
von Hegi besorgt, würde vorzüglich angenehm ausgefallen sein.
Auch Ebels Lebensbeschreibung habe ich mit Vergnügen gelesen. Die Epoche seines Thuns in der
Politik hat mir aber immer weniger gefallen, als die seiner Gebirgsstudien. Ich kannte auch persönlich
seinen Freund und Gefährten in Paris Oelsner. Die Reden und Schriften aller dieser und dergleichen
Männer in den Zeiten der gesegneten Wiedergeburt der Welt, haben uns, wie ich glaube, nicht gute und
reife Früchte gebracht. Es war die Zeit der Schwindelköpfe; besonders meinten die deutschen Gelehrten
und Halbgelehrten, eiu jeder von ihnen habe einzig den Stein der Weisen in der Politik Europas gefunden.
Sie gehörten Alle, ein wenig mehr oder minder zur Halbnarrenzunft des berühmten Messias Anacharsis
C'loots etc. etc. Hätte der brave Ebel sich einzig mit dem Studium des Erdbaus und der Naturkatastrophen
unserer schweizerischen Gebirge und mit seinen Wegweisungen für fremde Reisende in unserm Lande
beschäftiget, es wäre für ihn und uns erspriesslicher gewesen; aber damals wollte ein jeder den Studenten-
Schuhen entsprungene Deutsche eiu Solon und Schulmeister älterer und erfahrener Leute, als er wohl nie
werden konnte, sein, und diese tolle Sucht zeigt sich leider noch heute in allen Ecken und Winkeln der
armen Schweiz noch im Ueberfluss. Die deutschen Universitäten waren in dieser Hinsicht wahre politische
Pestgruben für ganz Europa
Hess an Wagner.
Zürich, den 26. April 1834.
Mein theurer Freund! Es ist lange seither, dass ich an Sie geschrieben, der Himmel weiss es, nicht
aus Mangel an treuer Anhänglichkeit, aber in diesen verhängnissvollen Zeiten kann man sich nicht ent-
halten, gegen Freunde Gegenstände zu berühren, die sich immerdar aufdrängen und doch nur bittere
Bemerkungen veranlassen, die das Gemüth aufregen. Nach Bern dergleichen zu schreiben, könnte, heisst
es, den Schreiber und den Empfänger des Briefes kompromittiren und desswegen blieb ich stumm.
Jetzt aber schreibe ich Ihnen durch einen sichern Freund. Es ist mein Tochtermann, Rathsherr
Burckhardt von Basel, welcher mit Professor De Wette nach Bern reist, der Ihnen dieses flüchtige Blatt
zustellt. Ich empfehle Ihnen sowohl meinen geliebten Burckhardt, wie II. De Wette, sowie das Gesuch,
das Beide an Sie richten werden. Sie suchen Experten zur Schatzung der Kunstsachen, welche die Basler-
Bibliothek besitzt') und welche wahrscheinlich mit den Liestalern getheilt werden sollen. Da sie dieselben
in diesem Falle von neuem kaufen müssen, so fordert das Billigkeitsgefühl, dass ihr Geldwerth nicht zu hoch

’) Vergl. J. Frieclr. v. Tscharner, Verhandlungen über die Theilungsfrage in Betreff der Universität Basel. In lieft 2,
S. 10 und 11 werden als definitiv bezeichnete Experten genannt: Obmann: M. Bernhard Keller von Schafthausen; für
Baselstadt: S. Wagner und Armand v. Werdt in Bern; für Baselland: Oberrichter W. Füssli und W. Hohl, Kunsthändler,
in Zürich, und das Resultat ihrer Expertise ist wie folgt angegeben: Wagner und v. Werdt Fr. 16,000; F. und H.
Fr. 113,000; Schiedsspruch des Obmanns Fr. 22,000, welch’ letztere Summe allerdings nicht im Lichte der heutigen Markt-
preise betrachtet werden darf. Die Gutachten selbst scheinen nie publizirt worden zu sein, finden sich aber ohne Zweifel
in den Staatsarchiven von Basel-Stadt und -Landschaft.
 
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