Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
S. Luca 1629 die Erhebung fester Abgaben von allen Künstlern und ver-
wandten Berufen mit der ausdrücklichen Begründung, es sei für die
Erhaltung ihrer Kirche notwendig, und wußte von Papst Urban VIII.
1633 ein Breve zu erlangen, wodurch die neue Besteuerung Gesetzes-
kraft erhalten sollte. Die Flamen weigerten sich gleichwohl zu zahlen
und ließen sich selbst durch die Drohung mit gerichtlichem Vorgehen
nicht einschüchtern; die Leute von S. Luca mußten sich vielmehr auf
Unterhandlungen mit den Widerspenstigen einlassen, und in einer all-
gemeinen Versammlung am 2. September 1635 wurde von den nationi
oltramontani der Freund Pieter De Laers, Jan van Kempen, beauftragt,
Einsicht in das päpstliche Breve zu nehmen und über die Stellung
seiner Landsleute dazu Bericht zu erstatten. Ein Jahr später fand aber-
mals eine allgemeine Versammlung der Lukas-Akademie unter Zu-
ziehung zahlreicher Niederländer statt, außer Pieter De Laer waren
Swanevelt, Adriaenssen, Miel, De Hooch, Bosmann, Backereel und
viele andere zugegen. Der Erfolg aller dieser Bemühungen war, daß
am Ende des Jahres der Kämmerer von S. Luca in sein Kassenbuch die
betrübliche Klage eintragen mußte, daß er von den Flamen nie etwas
bekommen hat (dalli fiamengi non si e mai auto niente). Sie haben
einen vollen Sieg über die Akademie davongetragen, und dieser Sieg
ist doch nur durch ein entschiedenes Zusammenhalten und körper-
schaftliches Auftreten möglich geworden. Wenn wir nun wissen, daß
die frühesten sicher als Bentvögel nachweisbaren Künstler zwischen
1620 und 1630 in Rom erschienen sind, der Vater der Bambocciaden
1624, und daß derselbe ausdrücklich von Zeitgenossen als die Seele
der Bentbelustigungen bezeichnet wird, so ergibt sich mit zwingender
Logik ein innerer Zusammenhang zwischen der Weigerung der Flamen,
die Abgaben an S. Luca zu zahlen, der Gründung der Schilderbent und
dem Aufkommen der neuen, von den Akademikern so streng verpön-
ten Kunst der niederen Genremalerei. Es brauchen darum nicht alle
Bentvögel Bambocciadenmaler gewesen zu sein, aber zwischen ihrem
kameradschaftlichen Leben und Treiben einerseits und dem Wesen der
neuen Kunstgattung andererseits besteht eine unabweisbare Überein-
stimmung; in beiden triumphierte die derbe Lebenslust und eine ans
Rohe grenzende humorvolle Urwüchsigkeit. Es gefiel den Flamen, sich
in Gassen und Schenken mit dem gemeinen Volk herumzutreiben und
die malerischen Seiten seiner äußeren Erscheinung abzusehen, sich
mit seinen charakteristischen Eigentümlichkeiten vertraut zu machen
und sie im Bilde wiederzugeben. Die Schaffung echt realistischer Sitten
bilder aus den niederen Schichten setzt unbedingt vertrauten Verkehr
mit ihnen voraus, und daß die Bentvögel sich hemmungslos dem Zu-
sammenleben mit der Hefe der römischen Plebs hingaben, wird nicht
allein durch die Bambocciadenmalerei, sondern auch in überzeugen
derer Weise durch eine Kette von Vorfällen aus dem persönlichen

i37
 
Annotationen