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SCHUTZ UND PFLEGE DER KUNSTDENKMALE

Nachforschen erfordert eine äusserste Gewissen-
haftigkeit, erfordert eifriges und gründliches
praktisches und theoretisches Studium und Er-
fahrung. Derjenige aber, der in diesem Sinne
mit einem ihm anvertrauten Kunstwerk ver-
fährt, erwirbt sich um die kirchliche Kunst
ein ebenso grosses Verdienst, als der Schöpfer
manch neuen Kunstwerkes.

werden; wäre dies der Fall, so würde der
Wurm nicht, wie vorhin erwähnt, vor der
äusseren Farbschicht Halt machen.
Bei Ausmalung von Kirchen kommt es
häufig vor, dass alte Malereien zutage treten,
deren Wiederherstellung wünschenswert, wegen
Mangels an den nötigen Geldmitteln jedoch
nicht durchführbar erscheint. Hier ist sehr

Sind Holzskulpturen noch so sehr vom
Holzwurm zernagt, so besteht noch lange
nicht die Notwendigkeit, das gefähr-
dete Kunstwerk deshalb zu ent-
fernen; cs ist vielmehr bei
sachgemässem Vorgehen
fast ausnahmslos eine
Wiederinstandsetzung
möglich, und manche
Schöpfung früherer
Jahrhunderte, manch
Zeugnis künstlerischer
Vollkommenheit un-
serer Vorfahren, das
schon als unrettbar
verloren galt, wurde
durch sachkundige Be-
handlung gerettet und der
Gegenwart und Nachwelt
wiedergegeben. Es sei z. B.
nur an die 17 kunstvollen,
imposanten Barockaltäre
der ehemaligen Benedik-
tinerabteikirche zu Oberalteich, oder an die
mächtigen, in ihrer reichen, künstlerischen
Beschaffenheit geradezu überwältigenden Altäre
der ehemaligen Zisterzienserabteikirche zu
Aldersbach erinnert, deren Skulpturen vom
Holzwurm teilweise vollständig ausgehöhlt
waren, sodass vielfach nur mehr die Farbe,
bzw. die Vergoldung als leere Umhüllung vor-
handen war, und gerade dieser letztgenannte
Umstand bestätigt wieder die von Fachleuten
betonte Anschauung, dass sachgemäss restau-
rierte Skulpturen nach ihrer Wiederherstellung
manchmal widerstandsfähiger sind als vorher.
Eine vom Holzwurm ausgehöhlte, dann aber
ausgedämpfte, mit heissem Schellack und
Leim ausgegossene Holzskulptur wird vom
Holzwurm überhaupt nicht mehr angegriffen

darauf zu achten, dass das „Abkratzen“ von
Decken- und Wandflächen von sachkundigem
Personal in vorsichtiger Weise ge-
schieht, sodass die Malereien
nicht unnütz beschädigt oder
gar zerstört werden. Wenn
die Mittel zur Restau-
rierung wirklich nicht
reichen, so übertünche
man sie wieder und es
ist dann wenigstens
einer späteren Zeit die
Möglichkeit einer Wie-
derherstellun g nicht ge-
nommen. Auch ist es
gefährlich, ,Stilreinheit1
schaffen zu wollen. Ein
Gang durch eine Kirche,
in welcher mehrere Stil-
arten vertreten sind, ist ein
Gang durch die Geschichte
von Jahrhunderten. Eine
solche Kirche kann und
wird meistens harmonischer, stimmungsvoller,
„stilvoller“ wirken, denn eine solche mit
„einheitlich“ neuhergestellten Nachahmungen.
Ebenso ist vor skrupellosen Händlern immer
und immer wieder zu warnen. Der nicht
mehr benützte Rauchmantel des katholischen
Priesters ist nicht dazu geschaffen, auf dem
Polsterstuhl im Salon des reichen Juden zu
enden; die kirchliche Statue nicht, den Korridor
im Haus desselben zu schmücken und Gegen-
stand von dessen faulem Witz zu werden.
Haben wir einerseits die Pflicht, die Kunst-
denkmale ihres künstlerischen Wertes wegen
zu schützen, so soll uns anderseits auch das
Gebot der Pietät für unsere kunstsinnigen
und opferfreudigen Vorfahren dazu veranlassen.
Den Taufstein, an welchem Vater und Gross-


Michael Six (Wien)
Kongregationsmedaille (Revers)
 
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