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Poulsen, Frederik
Der Orient und die frühgriechische Kunst: mit 197 Abbildungen — Leipzig, Berlin: Druck und Verlag von B.G. Teubner, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.52590#0019
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Frühere Ansichten über die phönikischen Schalen; die ägyptischen Vorbilder

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phönikischen Schalen mehrfach gewidmet hat Dabei hat er die ägyptischen Vorbilder, welche
die Phöniker nachahmten, durch die Heranziehung einer wundervollen Bronzeschale aus der
XVIII. Dynastie in Kairo, einer goldenen Schale derselben Zeit im Louvre und einer fragmen-
tierten Silberschale, ebenfalls in Kairo bekannt gemacht.1) Durch spätere Funde in Zagazig
in Ägypten sind die Beispiele zahlreicher geworden. Wir kennen jetzt Schalen aus der Zeit
ungefähr von Ramses II, so daß die Lücke bis zu den phönikischen Schalen des IX. Jahr-
hunderts sich auch zeitlich auszufüllen beginnt.2) Die ägyptischen Schalen von Zagazig
sind sowohl technisch wie künstlerisch den phönikischen weit überlegen. Es sind prächtige
getriebene und gravierte Silberschalen, im Innern mit Gold überzogen, mit goldenem Rande
und goldenen Henkeln. Die Darstellungen der Flüsse mit Lotosblüten und Fischen, mit
nackten Frauen, welche um ein Papyrusboot schwimmen, die Streifen mit den laufenden
Wildochsen, Leoparden, Hasen, Gazellen, Füchsen, Wölfen und Hunden sind voll frischen
Lebens im Vergleich zu den eintönigen phönikischen Tierreihen.
Wie nahe das Ägyptische und das Phönikische sich jedoch berühren können, zeigt die
über die Schale von Golgoi auf Kypern geführte Diskussion, v. Bissing hatte sie für ägyptisch
erklärt wie seinerzeitPietschmann.3) Dagegen wandte sich Studniczka, der sie wegen einiger
Details für phönikisch halten möchte.4) Aber gegen diese Bestimmung haben die beiden
Ägyptologen H. Schäfer und v. Bissing wieder Einspruch erhoben und den ägyptischen Ur-
sprung trotz der sinnlosen Hieroglyphen erwiesen.5) Über die Datierung gehen die Meinungen
dieser beiden Gelehrten freilich wieder auseinander.
Wir gehen darauf nicht ein. Die Aufgabe, die uns beschäftigt, ist allein die stilistische
Wertschätzung und die sich daran knüpfende Verwertung der Details der phönikischen Werke.
Auch v. Bissing teilt die Schalen in die ältere Nimrudgruppe, in welcher der ägyptische und
der assyrische Stil reinlicher getrennt sein sollen, und die jüngere von gemischterem Ge-
präge. Wir wollen deshalb diese Einteilung bei unseren Untersuchungen zugrunde legen.
1) Arch. Jahrb. XIII 1898, S. 28 ff. und Taf. II und XXV 1910, S. 193 ff.
2) Maspero: Le Musee Egyptien II 1907, Taf. XLVIII und S. 102. Maspero, Revue de l’Art ancien
et moderne 1908, II, S. 33, Fig. 3—4 (die besterhaltene Schale mit dem Namen der Tänzerin Tamai).
3) Arch. Jahrb. XIII 1898, S. 35, Fig. 7.
4) Arch. Jahrb. XXII 1907, S. 175.
5) H. Schäfer: Ägyptische Ooldschmiedearbeiten. Mitteilungen aus den kgl. Samml. zu Berlin 1910,
S. 65 ff. und Taf. 15. v. Bissing, Arch. Jahrb. XXV 1910, S. 193 ff. Die unsinnigen Hieroglyphen auch auf
ägyptischen Denkmälern erklären sich dadurch, daß die Schreibkunst in Ägypten keineswegs dem gemeinen
Handwerker geläufig war. Analoge Beispiele: sinnlose griechische Inschriften sind ja z. B. auf den sf.
und rf. Vasen nicht selten.
 
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