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Poulsen, Frederik
Der Orient und die frühgriechische Kunst: mit 197 Abbildungen — Leipzig, Berlin: Druck und Verlag von B.G. Teubner, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.52590#0130
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Zehntes Kapitel. Italische Funde

Kleinkunst ist etwas jünger als die aus Ephesos und Rhodos und weniger original. Dann
werden wohl aber die Verteidiger der alten These Recht behalten, daß die kyrenäischen Vasen
nicht lakonisch, sondern über Kyrene mit der ionischen Kunstentwicklung zu verbinden sind.1)
Auch die von Droop vorgeschlagene, sehr frühe Datierung ist kaum aufrecht zu halten.2)
Damit haben wir durch zufällig gewählte oder vielmehr absichtlich gewählte rohe und
primitive Stücke aus der griechischen Kleinkunst den Nachweis zu führen versucht, daß auch
die dunkelsten Zeiten der hellenischen Kunst nicht ohne Strahlen der ewig leuchtenden, öst-
lichen Sonne gewesen sind.
ZEHNTES KAPITEL
ITALISCHE FUNDE
In seiner Introduction ä l’histoire romaine3) hat Modestov, um den orientalischen Ur-
sprung der Etrusker zu beweisen, auf die orientalisierende Dekoration ihrer Gräber, Sarko-
phage und Kleingeräte hingewiesen. Dabei erwähnt er nicht nur die wilden Tiere und die
Fabelwesen des Orients, sondern auch die Tracht, besonders die hohen Tutuli und die Schuhe
mit aufgebogenen Spitzen.4) Diese letzten Beispiele zeigen besonders grell die Gefährlich-
keit derartiger Schlüsse. Man würde in ähnlicher Weise auch den hittitischen Ursprung der
Bevölkerung Ioniens und die französische Abstammung der Berliner Modedamen nachweisen
können. Die Einwanderung fremder Motive und fremder Moden darf niemals als Beweis für
eine tatsächliche Einwanderung verwendet werden. Wir wollen damit keineswegs die öst-
liche Herkunft dieses Volkes, die auch Körte in seinem ausgezeichneten Aufsatz über die
Etrusker vertritt5), völlig verwerfen, sondern nur die nichtssagenden Beweise dafür aus-
schalten. Zu denen gehört eigentlich auch die von Körte hervorgehobene Freude der Etrus-
ker am griechischen Sagenstoff, die für ihr Zusammenleben mit den Ioniern Kleinasiens vor
der Wanderung sprechen soll.6) Denn erstens kennen wir eine ganze Schicht sicher etruski-
scher, einheimischer Kultur, in der kein Denkmal Spuren von Kenntnissen des epischen Sagen-
stoffes verrät, sondern nur Ornamente, Tiere und Fabeltiere des Orients die Geräte dekorieren.
Und zweitens, als endlich der Sagenstoff im VI. Jahrhundert an den Wänden der Gräber
(Tomba dei tori etc.), an den Sarkophagen und Geräten zu erscheinen anfängt, sind die mytho-
logischen Details so frei und willkürlich verwendet und verstümmelt, daß wir ganz wohl zu-
nächst an eine Übertragung nur durch das Bild und später an eine von der griechischen ver-
schiedene, wilde und unklare mythologische Tradition denken dürfen.
Wirklich beweiskräftig für die östliche Heimat der Etrusker sind nur die sprachlichen
Beziehungen zum Osten, die Parallele in den kaukasischen Sprachen, die Vilhelm Thomsen
nachgewiesen hat’), und die Verwandtschaft des Etruskischen mit der Sprache der Inschrift
von Lemnos.8)
Aber die Frage nach den Seezügen und Landungsplätzen der Etrusker soll uns hier
nicht beschäftigen.9) Die Bevölkerung Etruriens stand schon mit der mykenischen Kultur in
Verbindung, wie viele Reminiszenzen in der späteren Zeit zeigen. In Etrurien leben spät-
1) Margret Heinemann: Landschaftliche Elemente S. 38 f. Anm. 2. Studniczka, Arch. Jahrb. XXVI 1911
S. 158 Anm. 2. Droop, Journ. of hell. stud. XXX 1910 S. 1 ff.
2) Helbig 1. c. S. 21.
3) Traduit par S. Reinach. S. 365 ff. 4) o. c. S. 391 f. 5) Pauly-Wissowa s. v. Etrusker.
6) 1. c. S. 744. 7) Modestov o. c. S. 404 ff. 8) Körte 1. c. S. 732 ff. 9) Modestov o. c. S. 439 ff.
 
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