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Poulsen, Frederik
Der Orient und die frühgriechische Kunst: mit 197 Abbildungen — Leipzig, Berlin: Druck und Verlag von B.G. Teubner, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.52590#0074
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Fünftes Kapitel. Andere Werke der phönikischen Kleinkunst. Die Tridacnamuscheln

Antilopen sind. Und wären es auch Steinböcke, so gehört das Motiv, wie wir schon erwähnt

haben, doch zu den der ägyptischen wie der orientalischen Kunst geläufigen Motiven und braucht
nicht mit der kretischen Kunst in Verbindung gebracht zu werden.1) Nicht mykenisch, sondern

ausgeprägt ägyptisch-phönikisch sind die Papyrusblüten der Staude, und ausschließlich phö-

nikisch ist die unorganische Anordnung der Stengel übereinander, die an die der Blüten-


staude Abb. 1 erinnert. Am Fuße der Staude finden sich flüchtig gezeichnete
Schalenpalmetten.
Phönikischer Herkunft ist ferner der goldene Hängeschmuck mit kleinen
scheibenförmigen Anhängseln aus Ägina.2 3) Schon die Form des Schmuckes
ist phönikisch.8) In einer Nilbarke von einer gräßlich rohen Form, mit einer
lotosartigen Bekrönung auch in der Mitte, was man nur Phönikern
zutrauen kann, steht ein Mann mit grob stilisierten Spirallocken, in einem
Chiton und Lendenschurz mit echt syrischer Mittelfalte gekleidet, auf dem
Kopf einen stabartig geschmückten Aufsatz von assyrischer oder hittitischer
Form4), und hält mit ausgestreckten Händen zwei Enten gepackt, welche
gleichzeitig auf gerundeten Reifen laufen, ganz wie die Greifen im Innern
der phönikischen Schalenpalmetten.5) Auch Evans hat dieses goldene Relief
mit den sinnlos gemischten Motiven mit den Phönikern in Verbindung ge-
bracht und eine geometrisch-italische Nachahmung aus Bologna herange-
zogen. Was das Motiv betrifft, so paßt es vorzüglich in den syrischen Kultur-
kreis. Die vogelhaltende Göttin der Hittiter werden wir unten behandeln.
Einen männlichen, löwenköpfigen Dämon mit Rehkalb, aber mit zwei Vögeln
als Füllung in den Ecken, zeigt ein Relief aus Sendschirli.6 7) In der früh-
griechischen Kunst ist der männliche, tierbezwingende Gott äußerst selten,
findet sich aber doch bisweilen, so z. B. wieder mit Gänsen auf einer Bronze-
platte von der athenischen Akropolis und mit Raubvögeln auf einer elfen-
beinernen Platte von Sparta, die wir unten behandeln werden.’) Der männ-
liche Löwenbezwinger tritt auchin dermykenischen Kunst auf8), aber dieser
vogelhaltende Gott ist entschieden syrisch.
Technisch verwandt sind zwei andere Goldplatten des Äginaschatzes.9)

Abb(NachyFröhneT)°nZe'^n einen tragen die bartlosen'Köpfe syrische Spirallocken und zwar
zwei übereinander angeordnet, wie wir es schon oben (S. 44f.) besprachen.

Ferner sind die Augenbrauen hohl, und die hohlen Augen waren mit Glaßfluß eingelegt, wie
Überreste noch deutlich zeigen.

1) Oben S. 10 mit Anm. 5.
2) Evans, Journ. of. hell. stud. XIII 1892/93 S. 197 ff. Fig·. 2a—b. Perrot VII 239 Fig. 106. Marshall:
Catal. of jewellery of Brit. Mus. Taf. VI nr. 762.
3) Vgl. Marshall 1. c. Taf. VI nr. 753 und 760 und S. XX.
4) Vgl. Helena Carnegie: Catalogue of the Southesk Collection Taf. VIII Q. c.22 und oben S. 58f. Abb. 58.
Vielleicht ist der Ursprung eine Art Federkrone, wie wir sie häufig auf babylonischen Siegeln bei gött-
lichen Figuren sehen. Vgl. Ward: Seal cylinders of Western Asia S. 210 Fig. 631—632.
5) Vgl. oben S. 49 Abb. 37 und 39.
6) Sendschirli III Taf. XLIV.
7) Journ. of hell. stud. XIII 1892/93 S. 259 Fig. 26. Annual of the Brit. School XIII S. 79 Fig. 18b.
Radet, Revue des etudes anciennes X 1908 S. 195.
8) Reichel: Vorhellenische Götterkulte S. 67 Fig. 30. Auch er gehört zum orientalischen Repertoire
und findet sich z. B. auf der Amritstele, Perrot III 413 Abb. 283.
9) Marshall 1. c. S. 54 und Taf. VI—VII nr. 761 und 763.
 
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