1. Einleitung
1.1 Fragestellung
Es besteht kein Zweifel, dass Karl der Große der bekannteste Herrscher des
Frühmittelalters ist. Der Aachener Karlspreis, zahlreiche Studien und Mono-
graphien legen davon Zeugnis ab. Nach dem Jubiläum der Kaiserkrönung im
Jahr 2000 löste der 1200. Todestag im Jahr 2014 eine neue Welle von Interesse und
Biographien aus. Aufgrund seiner Bekanntheit und seiner Beliebtheit als For-
schungsthema besteht die Gefahr, dass Karl die anderen Karolinger überstrahlt.
Für viele Themen wie beispielsweise Christianisierung, Herrschaftsorganisation,
Bildungs- und Liturgiereformen lässt sich eine starke Fokussierung der For-
schung auf Karl den Großen beobachten.
Sein Sohn Ludwig der Fromme wurde mittlerweile aus dem Schatten seines
Vaters befreit und wird nicht mehr nur als gescheiteter Sohn des großen Karl
eingestuft.1 Den Auftakt dieser Neubewertung bildete die 1990 publizierte Ta-
gung „Charlemagne's Heir"2, die bis heute zahlreiche Studien und Tagungen
über Ludwig auslöste, aber immer noch den Namen seines Vaters im Tagungs-
titel trug. Mittlerweile sind die Urkunden Ludwigs ediert und die Edition seiner
Kapitularien ist weit fortgeschritten.3
Der Glanz Karls des Großen überstrahlte jedoch nicht nur seinen Sohn,
sondern stellte auch seine Vorfahren in den Schatten. Das gilt weniger für seinen
Großvater Karl Martell, für den immerhin zwei jüngere wissenschaftliche Bio-
graphien vorliegen,4 als für seinen Vater Pippin den Jüngeren. Zwar hatte Pippin
für seine Familie das Königtum errungen, doch war diese Leistung durch Karls
Kaiserkrönung übertrumpft worden. Die Beschäftigung mit Pippin fristete in der
historischen Mediävistik eher ein Nischendasein. Der erste karolingische König
war immer wieder Gegenstand einzelner Aufsätze oder Diskussionen,5 doch
setzte eine intensivere Erforschung der Zeit Pippins erst nach der Jahrtausend-
wende ein. Dann rückten erneut der Dynastiewechsel und die Diskussion um die
Salbung(en) Pippins in den Mittelpunkt, die sich 2001 beziehungsweise 2004
zum 1250. Mal jährten.6
Traditionell war die Beschäftigung mit Pippin oft eng mit der Bonifatius-
forschung verknüpft. Die späteren Jahre von Pippins Regentschaft fanden da-
durch stets weniger Aufmerksamkeit als die Zeit bis zu Bonifatius' Tod 754. So
förderte auch die 2004 erschiene Dissertation Michael Glatthaars über Bonifatius
1 Vgl. Staubach, Bild Ludwigs.
2 Vgl. Godman — Collins, Charlemagne's Heir.
3 Vgl. Kölzer, Urkunden Ludwigs; Hartmann, Bericht 2018/19, S. X.
4 Vgl. Fouracre, Charles Martel; Fischer, Karl Martell.
5 Vgl. die Literaturüberblicke bei Busch, Herrschaften, S. 119-121; Schieffer, Karolinger, S. 237f.
6 Vgl. Semmler, Dynastiewechsel; Becher — Jarnut, Dynastiewechsel; Becher, Pippin der Jüngere.
1.1 Fragestellung
Es besteht kein Zweifel, dass Karl der Große der bekannteste Herrscher des
Frühmittelalters ist. Der Aachener Karlspreis, zahlreiche Studien und Mono-
graphien legen davon Zeugnis ab. Nach dem Jubiläum der Kaiserkrönung im
Jahr 2000 löste der 1200. Todestag im Jahr 2014 eine neue Welle von Interesse und
Biographien aus. Aufgrund seiner Bekanntheit und seiner Beliebtheit als For-
schungsthema besteht die Gefahr, dass Karl die anderen Karolinger überstrahlt.
Für viele Themen wie beispielsweise Christianisierung, Herrschaftsorganisation,
Bildungs- und Liturgiereformen lässt sich eine starke Fokussierung der For-
schung auf Karl den Großen beobachten.
Sein Sohn Ludwig der Fromme wurde mittlerweile aus dem Schatten seines
Vaters befreit und wird nicht mehr nur als gescheiteter Sohn des großen Karl
eingestuft.1 Den Auftakt dieser Neubewertung bildete die 1990 publizierte Ta-
gung „Charlemagne's Heir"2, die bis heute zahlreiche Studien und Tagungen
über Ludwig auslöste, aber immer noch den Namen seines Vaters im Tagungs-
titel trug. Mittlerweile sind die Urkunden Ludwigs ediert und die Edition seiner
Kapitularien ist weit fortgeschritten.3
Der Glanz Karls des Großen überstrahlte jedoch nicht nur seinen Sohn,
sondern stellte auch seine Vorfahren in den Schatten. Das gilt weniger für seinen
Großvater Karl Martell, für den immerhin zwei jüngere wissenschaftliche Bio-
graphien vorliegen,4 als für seinen Vater Pippin den Jüngeren. Zwar hatte Pippin
für seine Familie das Königtum errungen, doch war diese Leistung durch Karls
Kaiserkrönung übertrumpft worden. Die Beschäftigung mit Pippin fristete in der
historischen Mediävistik eher ein Nischendasein. Der erste karolingische König
war immer wieder Gegenstand einzelner Aufsätze oder Diskussionen,5 doch
setzte eine intensivere Erforschung der Zeit Pippins erst nach der Jahrtausend-
wende ein. Dann rückten erneut der Dynastiewechsel und die Diskussion um die
Salbung(en) Pippins in den Mittelpunkt, die sich 2001 beziehungsweise 2004
zum 1250. Mal jährten.6
Traditionell war die Beschäftigung mit Pippin oft eng mit der Bonifatius-
forschung verknüpft. Die späteren Jahre von Pippins Regentschaft fanden da-
durch stets weniger Aufmerksamkeit als die Zeit bis zu Bonifatius' Tod 754. So
förderte auch die 2004 erschiene Dissertation Michael Glatthaars über Bonifatius
1 Vgl. Staubach, Bild Ludwigs.
2 Vgl. Godman — Collins, Charlemagne's Heir.
3 Vgl. Kölzer, Urkunden Ludwigs; Hartmann, Bericht 2018/19, S. X.
4 Vgl. Fouracre, Charles Martel; Fischer, Karl Martell.
5 Vgl. die Literaturüberblicke bei Busch, Herrschaften, S. 119-121; Schieffer, Karolinger, S. 237f.
6 Vgl. Semmler, Dynastiewechsel; Becher — Jarnut, Dynastiewechsel; Becher, Pippin der Jüngere.