2.4 Zwischenfazit
63
Inzestdefinition zu konstatieren ist als für Compiegne 757. Karl Ubl erklärt
diesen Befund damit, dass die Bischöfe in Verberie, die ohne den König beraten
hätten, die Bestimmungen des Königskapitulars als nicht ausreichend betrachtet
und daher verschärft hätten.101 Auf der Versammlung in Compiegne, für die
sowohl die Anwesenheit Pippins als auch päpstlicher Legaten belegt ist, sei die
Grenze des Inzest leicht verschoben und damit die päpstliche Position einge-
nommen worden. Dass die Inzestdebatte nicht bei den Regelungen des Kö-
nigskapitulars stehen blieb, schmälert nicht ihre Bedeutung für Pippins Inzest-
bekämpfung.
Hinzu kommt eine symbolische Komponente der Inzestbeschlüsse des Kö-
nigskapitulars. Schließlich konnte Pippin hier den engen Schulterschluss mit
seinem neuen Verbündeten Papst Stephan II. zeigen.102 Gleichzeitig konnte
Pippin sich als Herrscher inszenieren, der bereit und fähig war, sich aus eigener
Kraft ohne die Nachhilfe angelsächsischer Missionare den kirchlichen Verwer-
fungen seiner Zeit entgegenzustellen. Nicht zuletzt nahm sich Pippin hier eines
Themas an, dem schon die merowingischen Könige der Franken ihre Auf-
merksamkeit geschenkt hatten.
Nie zuvor und nie danach sollte es, wie Ubl betont, im Frankenreich eine so
intensive Inzestgesetzgebung wie in den Jahren 754-757 geben.103 Dennoch hält
er Pippins Versuch, den Inzest gesetzlich zu regeln, für gescheitert, da im
9. Jahrhundert dieselben Fragen erneut diskutiert worden seien, ohne dass
Pippins Beschlüsse Berücksichtigung fanden. Was den Diskurs und die Nach-
wirkung von Pippins Inzestgesetzgebung im späteren Kirchenrecht betrifft, trifft
Ubls Urteil zweifellos zu. Welche Erfolge seine Inzestbekämpfung in der sozialen
Wirklichkeit der 750er und 760er Jahre hatte, steht jedoch auf einem ganz an-
deren Blatt.
101 Vgl. Ubl, Inzestverbot, S. 265-268.
102 Vgl. Ubl, Schatten, S. 422f.
103 Vgl. Ubl, Inzestverbot, S. 269.
63
Inzestdefinition zu konstatieren ist als für Compiegne 757. Karl Ubl erklärt
diesen Befund damit, dass die Bischöfe in Verberie, die ohne den König beraten
hätten, die Bestimmungen des Königskapitulars als nicht ausreichend betrachtet
und daher verschärft hätten.101 Auf der Versammlung in Compiegne, für die
sowohl die Anwesenheit Pippins als auch päpstlicher Legaten belegt ist, sei die
Grenze des Inzest leicht verschoben und damit die päpstliche Position einge-
nommen worden. Dass die Inzestdebatte nicht bei den Regelungen des Kö-
nigskapitulars stehen blieb, schmälert nicht ihre Bedeutung für Pippins Inzest-
bekämpfung.
Hinzu kommt eine symbolische Komponente der Inzestbeschlüsse des Kö-
nigskapitulars. Schließlich konnte Pippin hier den engen Schulterschluss mit
seinem neuen Verbündeten Papst Stephan II. zeigen.102 Gleichzeitig konnte
Pippin sich als Herrscher inszenieren, der bereit und fähig war, sich aus eigener
Kraft ohne die Nachhilfe angelsächsischer Missionare den kirchlichen Verwer-
fungen seiner Zeit entgegenzustellen. Nicht zuletzt nahm sich Pippin hier eines
Themas an, dem schon die merowingischen Könige der Franken ihre Auf-
merksamkeit geschenkt hatten.
Nie zuvor und nie danach sollte es, wie Ubl betont, im Frankenreich eine so
intensive Inzestgesetzgebung wie in den Jahren 754-757 geben.103 Dennoch hält
er Pippins Versuch, den Inzest gesetzlich zu regeln, für gescheitert, da im
9. Jahrhundert dieselben Fragen erneut diskutiert worden seien, ohne dass
Pippins Beschlüsse Berücksichtigung fanden. Was den Diskurs und die Nach-
wirkung von Pippins Inzestgesetzgebung im späteren Kirchenrecht betrifft, trifft
Ubls Urteil zweifellos zu. Welche Erfolge seine Inzestbekämpfung in der sozialen
Wirklichkeit der 750er und 760er Jahre hatte, steht jedoch auf einem ganz an-
deren Blatt.
101 Vgl. Ubl, Inzestverbot, S. 265-268.
102 Vgl. Ubl, Schatten, S. 422f.
103 Vgl. Ubl, Inzestverbot, S. 269.