3.1 Zölle in der urkundlichen Überlieferung
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nigsjahre Pippin das Zollprivileg verlieh. Auch wenn der Vorgang in seinen
Details nicht mehr greifbar ist, zeigt sich hier doch, dass Pippin Zollprivilegien
als bewusstes Mittel seiner Politik einsetzte, und dass neben Kontinuitäten
zwischen der merowingischen und der karolingischen Zollerhebung auch Brü-
che erkennbar sind.
3.1.2.3 Gerichtsurkunde für St-Denis
Einzigartig unter den erhaltenen Zollurkunden Pippins ist sein Placitum zu-
gunsten von St-Denis aus dem Jahr 759.140 Zwar handelt es sich nicht um eine
Zollurkunde im engen Sinne, sondern um eine Gerichtsurkunde, aber dennoch
kann das Stück aufgrund der strittigen Thematik hier nicht ausgelassen werden.
Hintergrund der Gerichtsurkunde ist ein Streit um die Zolleinnahmen des
Marktes von St-Denis, der zwischen dem Kloster und dem Grafen Gerhard von
Paris ausgetragen wurde. Nachdem die agentes von St-Denis ihr Anliegen vor-
gebracht und eine Urkunde Dagoberts I.141 vorgelegt hatten, bestätigte Pippin
sogar selbst, dass er semper a sua infantia gesehen habe, dass die strittigen Zölle zu
St-Denis gehören.142 Dass sich Gerhard mit der Aussage des Königs nicht zu-
frieden gab und zu einem weiteren Termin Zeugen geladen wurden, wertet
Weitzel als Zeichen für die Begrenztheit königlicher Macht.143 Auch wenn es
natürlich für die heutige Forschung selbstverständlich ist, dass Pippin kein ab-
solutistischer Herrscher im frühneuzeitlichen Sinne war, stellt sich die Frage, ob
Weitzels Beurteilung der Fortführung des Prozesses trotz Aussage des Königs
zutrifft. Denn aus dem Wortlaut der Urkunde wird nicht ganz deutlich, ob
Pippin seine Beobachtung allein in seiner Kindheit gemacht hat oder auch über
die Zeit seiner Kindheit hinaus. Wenn Pippins Beobachtung sich allein auf die
Zeit seiner Unmündigkeit bezog, könnte damit auch erklärt werden, warum sein
Zeugnis allein nicht ausreichte.144 Wie dem auch sei, bestätigten die Zeugen, dass
die Zolleinkünfte St-Denis zustehen, und Graf Gerhard akzeptierte dies. Für den
Namensähnlichkeit, dass es sich um Etang de Ligagnau handeln könnte. Doch lässt sich diese
Vermutung nicht beweisen.
140 D Pip 12, in: MGH DD Karol. 1, S. 17f.
141 Die im Rahmen des Gerichtsverfahrens und auch für D Pip 6 vorgelegte Urkunde wird von der
Mehrheit der Forschung als echt, aber verloren angesehen. Demnach steht der Marktzoll dem
Kloster St-Denis tatsächlich durch königliche Verleihung zu. Vgl. Kölzer, Urkunden der Mero-
winger, Bd. 1, S. 73 mit älterer Literatur. Lombard-Jourdan, Foires, S. 284, hingegen identifiziert
die in den Urkunden Pippins genannte Urkunde mit der gefälschten Dagobertsurkunde D
Merov. 27.
142 D Pip 12, in: MGH DD Karol. 1, S. 18 Z. 2f.: Et ipse domnus rex Pippinus adfirmabat, quod semper a
sua infantia ipsos teloneos partebus sancti Dionisii habere et colligere vidisset. Dies ist, wie Stoclet, Fils,
S. 69 betont, eine von nur zwei Quellenstellen, die darauf hinweisen, dass Pippin Teile seiner
Kindheit in St-Denis verbracht hat.
143 Vgl. Wehzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 264 Anm. 142: „Auch dies ist eine klare Absage an ein
absolutistisches fränkisches Königtum."
144 Zur Zeugnisunfähigkeit Unmündiger vgl. Brunner — Schwerin, Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 533 f.
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nigsjahre Pippin das Zollprivileg verlieh. Auch wenn der Vorgang in seinen
Details nicht mehr greifbar ist, zeigt sich hier doch, dass Pippin Zollprivilegien
als bewusstes Mittel seiner Politik einsetzte, und dass neben Kontinuitäten
zwischen der merowingischen und der karolingischen Zollerhebung auch Brü-
che erkennbar sind.
3.1.2.3 Gerichtsurkunde für St-Denis
Einzigartig unter den erhaltenen Zollurkunden Pippins ist sein Placitum zu-
gunsten von St-Denis aus dem Jahr 759.140 Zwar handelt es sich nicht um eine
Zollurkunde im engen Sinne, sondern um eine Gerichtsurkunde, aber dennoch
kann das Stück aufgrund der strittigen Thematik hier nicht ausgelassen werden.
Hintergrund der Gerichtsurkunde ist ein Streit um die Zolleinnahmen des
Marktes von St-Denis, der zwischen dem Kloster und dem Grafen Gerhard von
Paris ausgetragen wurde. Nachdem die agentes von St-Denis ihr Anliegen vor-
gebracht und eine Urkunde Dagoberts I.141 vorgelegt hatten, bestätigte Pippin
sogar selbst, dass er semper a sua infantia gesehen habe, dass die strittigen Zölle zu
St-Denis gehören.142 Dass sich Gerhard mit der Aussage des Königs nicht zu-
frieden gab und zu einem weiteren Termin Zeugen geladen wurden, wertet
Weitzel als Zeichen für die Begrenztheit königlicher Macht.143 Auch wenn es
natürlich für die heutige Forschung selbstverständlich ist, dass Pippin kein ab-
solutistischer Herrscher im frühneuzeitlichen Sinne war, stellt sich die Frage, ob
Weitzels Beurteilung der Fortführung des Prozesses trotz Aussage des Königs
zutrifft. Denn aus dem Wortlaut der Urkunde wird nicht ganz deutlich, ob
Pippin seine Beobachtung allein in seiner Kindheit gemacht hat oder auch über
die Zeit seiner Kindheit hinaus. Wenn Pippins Beobachtung sich allein auf die
Zeit seiner Unmündigkeit bezog, könnte damit auch erklärt werden, warum sein
Zeugnis allein nicht ausreichte.144 Wie dem auch sei, bestätigten die Zeugen, dass
die Zolleinkünfte St-Denis zustehen, und Graf Gerhard akzeptierte dies. Für den
Namensähnlichkeit, dass es sich um Etang de Ligagnau handeln könnte. Doch lässt sich diese
Vermutung nicht beweisen.
140 D Pip 12, in: MGH DD Karol. 1, S. 17f.
141 Die im Rahmen des Gerichtsverfahrens und auch für D Pip 6 vorgelegte Urkunde wird von der
Mehrheit der Forschung als echt, aber verloren angesehen. Demnach steht der Marktzoll dem
Kloster St-Denis tatsächlich durch königliche Verleihung zu. Vgl. Kölzer, Urkunden der Mero-
winger, Bd. 1, S. 73 mit älterer Literatur. Lombard-Jourdan, Foires, S. 284, hingegen identifiziert
die in den Urkunden Pippins genannte Urkunde mit der gefälschten Dagobertsurkunde D
Merov. 27.
142 D Pip 12, in: MGH DD Karol. 1, S. 18 Z. 2f.: Et ipse domnus rex Pippinus adfirmabat, quod semper a
sua infantia ipsos teloneos partebus sancti Dionisii habere et colligere vidisset. Dies ist, wie Stoclet, Fils,
S. 69 betont, eine von nur zwei Quellenstellen, die darauf hinweisen, dass Pippin Teile seiner
Kindheit in St-Denis verbracht hat.
143 Vgl. Wehzel, Dinggenossenschaft, Bd. 1, S. 264 Anm. 142: „Auch dies ist eine klare Absage an ein
absolutistisches fränkisches Königtum."
144 Zur Zeugnisunfähigkeit Unmündiger vgl. Brunner — Schwerin, Rechtsgeschichte, Bd. 2, S. 533 f.