Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Breternitz, Patrick; Universität zu Köln [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 12): Königtum und Recht nach dem Dynastiewechsel: das Königskapitular Pippins des Jüngeren — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74404#0098
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
3.4 Zwischenfazit

97

umfangreichere Almosengebung hin, wenn für diesen Zweck sogar eigene
Münzen hergestellt wurden.210 Bereits de Longperier, der den Fund der beiden
Münzen, von denen eine seitdem verloren gegangen ist, publizierte, wies auf
eine enge Verbindung zwischen dem numismatischen Fund und dem Konzil von
Ver 755 hin.211 Die Kaufkraft eines solchen Almosendenars war beachtlich und
mit den Obolen hätten auch halb so wertvolle Münzen für die Almosengebung
eingesetzt werden können. Leider ist das einzig erhaltene Exemplar nicht näher
als in die Königszeit Pippins datierbar.
Pippins Engagement für die Armen und Schwachen erstreckt sich also über
die gesamte Königszeit und wird auch von seinem Sohn Karl fortgeführt.212 Für
den Schutz der Pilger setzte er sich bereits relativ früh mit dem Königskapitular
ein. 754 war ein bewegtes Jahr im Frankenreich. Ein besonders herausragendes
Ereignis war der Besuch von Papst Stephan II. Die von Karl Ubl entdeckten,
engen Verbindungen zwischen den Rechtsantworten, die der Papst während
seines Aufenthaltes im Frankenreich gab, und dem Königskapitular kamen be-
reits zur Sprache.213 Auch wenn die Responsa Stephani II. sich zu dem Thema
Pilgerwesen nicht äußern, geht die Annahme, dass die Pilger und ihre sichere
Reise nach Rom dem Papst am Herzen gelegen haben, wohl nicht zu weit. Zu-
gleich war Rom als Ziel vieler Pilger ein Ort, an dem Informationen über negative
Erfahrungen und Unrecht, das auf der Reise durch das Frankenreich erlitten
worden war, zusammenliefen. Pippins Beschluss zur Eindämmung der Bezol-
lung von Pilgern schoss ein gutes Stück über das Ziel hinaus. Es dürfte nicht
völlig abwegig sein, zwischen diesem heftigen Eingriff des fränkischen Königs
und dem Besuch des Papstes einen Zusammenhang zu sehen. Hier könnte
abermals deutlich werden, wie wichtig das Bündnis mit dem Papsttum für
Pippin war. Doch ob die beiden wirklich über Pilger und Zölle sprachen, bleibt
Spekulation.
Fest steht jedoch, dass Pippin sich über den Schutz der Pilger als guter König
präsentieren konnte. Und beim Schutz der Pilger vor unrechtmäßiger Zoller-
hebung konnte er sich gleich in doppelter Hinsicht als guter König präsentieren.

Auf den anderen karolingerzeitlichen Münzen, die Depeyrot dieser aquitanischen Stadt zu-

schreibt, wird die Prägestätte ECOLISSIMA, EGOLISIME oder EGOLISSIME geschrieben (vgl.

Depeyrot, S. 136 Nr. 48-50). Auch Graesse — Benedict — Plechl, Orbis latinus, Bd. 2, S. 22 ver-

zeichnen unter dem Lemma Engolismum keine Schreibweise, die im Entferntesten an ELI-MOSI-

NA erinnert könnte. Plausible Interpretationen für eine andere Prägestätte liegen nicht vor.

210 Suhle, Deutsche Münzen, S. 20, vermutet, dass solche Denare von Pippin bei der Fußwaschung
am Gründonnerstag den Armen gegeben worden seien, da eine vergleichbare Münze Alfreds
des Großen erhalten sei und in England bis in die Gegenwart die Tradition der maundy pennies
bestehe. Diese Tradition des Almosenverteilens durch den englischen König am Gründon-
nerstag ist jedoch erst ab dem 13. Jahrhundert belegt. Vgl. dazu Robinson, Royal Maundy, S. 25.

211 Vgl. de Longperier, Cent deniers, S. 208. Concilium Vernense c. 6, in: MGH Capit. 1, Nr. 14, S. 34
Z. 29-31: [...] Et si aliqua monasteria sunt qui eorum ordinem propter paupertatem adimplere non
potuerint, hoc ille episcopus de veritate praevideat, et hoc domno rege innotescat, ut in sua elimosina hoc
emendare faciat. [...]

212 Vgl. Schmitt, Untersuchungen, S. 194-211; Hartmann, Synoden, S. 440f.

213 Vgl. oben Kap. 1.3.3.
 
Annotationen