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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 13.1907

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Heft 6
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Gischler, W.: Drei rheinländische Ausstellungen: (Mannheim, Düsseldorf, Köln)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26231#0230

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Das ift durchauö ehrlich
uud sbne Nebensiuu gcmcinft
obwobl ich grundsätzlich - wie
scbolc ailgcdcllter wurde und
nun ausgesührt werden soll —

Bedcnken gegen eine solche AuS-
ftellung überhaupt uild besou-
ders gegeil eine ^chlußfolge-
rung auS ibrer Bedeutung in
diesem Ensemblc sür dcn Kunft-
wert eines Bildes babe. Daß
an maleriscber Qualität die vier
Trübner-Bildnisse aus den sieb-
ziger Iabren, daß in der ein-
sachen Gewalr und Größe der
Empfindung die Birke von
Tboma und an Leidenscbast und
Krast der Malerei die schon ge-
nannte von van Gogb Höbe-
punkte ganz andcrcr Art sind,
dic sicb wobl dem dekorativen
Geschmack einsügen, deren Wert
aber wcit über diese ibre Neben-
bedeutung hinauS geht: das
sind so ein paar Noten, um
das Thema der modernen Kunst
in Europa nut ganz anderer
Kraft anzuscblagcn. Wenn tat-
säcblicb nlit dem dekorativen Wert inl Raum die Ausgabe
oder die Möglicbk'cir des Taselbildes erschöpft wärc:
dann ftänden wir allerdingS vor der modcrnen Staffelei-
bildmalerei als eincm schwächlicben Surrogat dcr Kunft-
wirk'ungen in srüberen Zeiten, dann wäre die Tasel ein
Notbebels und eigentlicb die ganze Malerei in beweg-
licben Goldrabmen die überflüssige Spielerei eincr über-
differcnzierten Kultur, also Dek'andenze, wic inan vor
zebn Iabren unaushörlich sagen hörte.

Tretcn wir aber aus diesem Ensemble zurück vor
die Werk'e unserer Großen vormals und heute, so saßt
uns bald einigeS andere ans Hcrz. Wir sühlen: nicht
um irgend etwas Dek'orativeS zu macben, sind diese
Taseln bemalt, sondern aus ciner menschlicben Leiden-
scbaft heraus, die — gleich dem genannten Gedicht von
Goetbe — sich in ein Sinnbild zusammendrängte, zu
der Niederscbrift einer Weltanschauung in einenl be-
sonderen Gesüblszuftand. Ein Tropsen, der die ganze
Welt spiegelt: das Gedicbt tut es — krast der geheimnis-
vollen Kunft ibres Schöpsers — mit ein paar Wortcn,
davon ein sedes sür sich alltäglicb ift, ein Bild nlit ein
paar Farben, eine Musik' mit den armseligen Tönen,
die ein jedes Kind aus dcm Klavier abtippen k'ann.
Ein Maler ist nicht nur ein scbarfes Auge, und ein
hochentwickelter Geschmack in Farbe oder Linie: cr ift
zugleich ein Menscb, an dem diese Dinge basten, den
sie quälen, der init ibnen ringt, der — mit Bewußtsein
oder nicht — die Schöpsung der Welt in seincn Werken
weitersührt, der Gruß, den die Menschheit über Iahr-
hunderte hinaus sich austauscht, die geheimnisvolle
Kundc vom Leben, tieser auS dem Gesühl herausgeholt,
als aller Verstand der Wissenschaft sie zu geben vcrmag.
Nur um Gescbmack zu haben und zu bilden: dazu

wäre der Auswand um dic Kunft zu groß, ibre tiesfte
Wirkung und eigentlicbe Ausgabe beginnt erst da, wo
ibre Wurzeln sicb dem religiösen d. b. dem Urgrund
aller Gedank'en übcr die rätselbasten Gründe des DaseinS
verslecbten. Insosern ist der Durcbschnitt, den wir in
Mannheim in so k'larer Glätte sehen, einer, der das
inncrste Wesen der Kunft nicbt bcrübrt.

Wenn sich danach die Betrachtung den beiden andern
Ausftcllungen zuwenden soll, bält sie zunächst erschrocken
inne vor einer großen Kluft; und sie crk'ennt: daß sich
überhaupt k'ritische Einweudungen solcher Art erheben
konnten, ist schließlich auch wicder ein BeweiS sür den
ausgesprochencn und edlen Cbarak'ter dieser Ausftellung,
neben der man die beiden andern nicbt in eincm Atem
ncnnen dars. Sie ist erftcns cin Ganzes und dann als
solcheS docb erften RangeS, daS Mufterbild einer Aus-
stellung, wic sie allein — von andern anders natürlich —
geinacht werdcn sollren.

* >«!

In Köln und Düsseldors sind Bilder ausgehängt,
in Köln mehr gute und in Düsseldorf mehr schlechte;
die alte Auffassung alS Kunstmarkt, in Köln durcb den
Sammlerfleiß namentlicb von Fritz Weftendorp aus ein
angenehmes Niveau gebracht, in Düsseldors ganz wieder —
nach zwei charak'tervollen AuSstellungen - iin Stil der
„Berliner Großen", die unterdessen doch selbst den
Berlinern zu rück'ftändig geworden ift. BeideS im
Grunde VcrlegenheitS - Ausstellungen: in Köln wollte
man — zuungunsten deS DefizitS — die von der AuS-
ftellung des Kunstfreunde-VerbandeS stehengebliebenen
Gebäude noch einmal verwerten; in Düsseldorf nmßte
nach zweijähriger Pause der Millionen-Kunstpalast vom


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