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Erstes Kapitel.
brachen. Neue Thäler öffnen sich, noch gehören sie alle zum Seine-
gebiet, die wir hier an ihrer Quelle noch einmal bei Verrey begrüßen.
Hoch an den Bergen liegen die menschlichen Wohnungen, ganz aus
Stein gebaut, mit Steinplatten gedeckt, die mit der Zeit düsterschwarz
erscheinen. Da öffnet sich endlich das dunkle Thor, das den Eisen-
bahnzng in den Schooß des Hauptgebirgszuges, der Cote d'or, der
das geographische Nord - und Südfrankreich trennt, aufnimmt; fort-
braust er acht Minuten lang in dem von Zeit zu Zeit durch Schachten
erhellten Felsengemach, in dessen Mitte eine Capelle der schützenden
Herrin Maria steht. Rasch wird das schwache Licht zur Tageshelle,
und hoch am Gebirge hin mit der prachtvollsten Fernsicht, gleichsam
in eine neue Welt, eilen wir über hohe Brücken, durch Felsen, un-
aufhaltsam fort, in weiten Bogen zu dem reichen Gelände der eigent-
lichen Bourgogne hinabsteigend, in dem die alte Herzogstadt Dijon mit
den fünf hochgespitzten Thürmen seiner Kathedrale sich lagert.
Eben ist die Sonne dort hinter die Höhen hinabgesnnken, aber
schon steht im vollen Glanze der Mond am Horizont, und in seinem
Lichte setzen wir gern noch die Reise heute bis Chillons fort. Es ist
die Zeit der Weinlese, und ab und zu geht es in den Waggons von
Familien, die noch den Abend im fröhlichen Kreise der Erntenden an
den gesegneten Vorhügeln der Cote d'or in Beaune und anderswo ein-
treffen wollen; reges, fleißiges Leben herrscht hier noch überall, wenn
auch die Aussichten auf den Ertrag des edlen Burgunder dießmal nicht
glänzend sind. Bei Chalons erreicht man bekanntlich die Saone, hier
endet die Eisenbahn, und das Dampfschiff trägt uns in einem halben
Tage nach Lyon hinab.
Es war ein trüber Regenmorgen, als die zahlreiche, das Hotel
du Pare überfüllende Reisegesellschaft eilig Gepäck und sich selbst unter
Dach und Fach des schmalen, langen Dampfschiffes in Sicherheit brachte.
Allmählig hellt das Wetter sich auf, und nur von Zeit zu Zeit von
einem Regenschauer überfallen, kann man recht wohl vom Verdeck aus
dem Wechsel der Landschaft folgen. Rascher als gewöhnlich wälzt die
sonst so ruhige Saone ihre durch starke Regengüsse geschwellten Wasser
fort; weite Strecken, besonders des flachen, linken Ufers sind zu Seen
umgewandelt. Um so rascher eilt das Dampfschiff flußabwärts, wäh-
Erstes Kapitel.
brachen. Neue Thäler öffnen sich, noch gehören sie alle zum Seine-
gebiet, die wir hier an ihrer Quelle noch einmal bei Verrey begrüßen.
Hoch an den Bergen liegen die menschlichen Wohnungen, ganz aus
Stein gebaut, mit Steinplatten gedeckt, die mit der Zeit düsterschwarz
erscheinen. Da öffnet sich endlich das dunkle Thor, das den Eisen-
bahnzng in den Schooß des Hauptgebirgszuges, der Cote d'or, der
das geographische Nord - und Südfrankreich trennt, aufnimmt; fort-
braust er acht Minuten lang in dem von Zeit zu Zeit durch Schachten
erhellten Felsengemach, in dessen Mitte eine Capelle der schützenden
Herrin Maria steht. Rasch wird das schwache Licht zur Tageshelle,
und hoch am Gebirge hin mit der prachtvollsten Fernsicht, gleichsam
in eine neue Welt, eilen wir über hohe Brücken, durch Felsen, un-
aufhaltsam fort, in weiten Bogen zu dem reichen Gelände der eigent-
lichen Bourgogne hinabsteigend, in dem die alte Herzogstadt Dijon mit
den fünf hochgespitzten Thürmen seiner Kathedrale sich lagert.
Eben ist die Sonne dort hinter die Höhen hinabgesnnken, aber
schon steht im vollen Glanze der Mond am Horizont, und in seinem
Lichte setzen wir gern noch die Reise heute bis Chillons fort. Es ist
die Zeit der Weinlese, und ab und zu geht es in den Waggons von
Familien, die noch den Abend im fröhlichen Kreise der Erntenden an
den gesegneten Vorhügeln der Cote d'or in Beaune und anderswo ein-
treffen wollen; reges, fleißiges Leben herrscht hier noch überall, wenn
auch die Aussichten auf den Ertrag des edlen Burgunder dießmal nicht
glänzend sind. Bei Chalons erreicht man bekanntlich die Saone, hier
endet die Eisenbahn, und das Dampfschiff trägt uns in einem halben
Tage nach Lyon hinab.
Es war ein trüber Regenmorgen, als die zahlreiche, das Hotel
du Pare überfüllende Reisegesellschaft eilig Gepäck und sich selbst unter
Dach und Fach des schmalen, langen Dampfschiffes in Sicherheit brachte.
Allmählig hellt das Wetter sich auf, und nur von Zeit zu Zeit von
einem Regenschauer überfallen, kann man recht wohl vom Verdeck aus
dem Wechsel der Landschaft folgen. Rascher als gewöhnlich wälzt die
sonst so ruhige Saone ihre durch starke Regengüsse geschwellten Wasser
fort; weite Strecken, besonders des flachen, linken Ufers sind zu Seen
umgewandelt. Um so rascher eilt das Dampfschiff flußabwärts, wäh-