Zweites Kapitel, La Crau und die Heraklessage,
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Zweites Kapitel.
Marseille und das griechische Leben in Südfrankreich.
Fahrt von Avignon nach Marseille. La Crau und die Heraklessage, Eintritt in
Marseille, Physiognomie der Stadt, Das HafenleLen, Wanderung zur See.
Rundblick von Tete de More. Natur der Südküste Frankreichs. Urbewohner.
Die Phokäer und ihre Seemacht im Westen. Gründung Massalia's. Erste
Periode des städtischen Lebens daselbst. Das dauernde Freundschaftsverhältnis
zu Rom. Verfall der politischen und merkantilen Macht in der Kaiserzeit. Lage
der alten Stadt. Griechische Göttereulte, daneben phönikische und keltische
Heiligthümer. Der alte Hafen und sein Handel. Das griechische Colonienetz
der gallischen Küste, Die massilischen Münzen. Das geistige Leben der Stadt.
Inschriften. Die wissenschaftliche Schule. Plastische Werke griechischen Stiles.
Begründung des Christenthums» Das Bisthum der Stadt. Das Kloster von
St. Victor. Literarische Blüte des fünften Jahrhunderts. Die jetzige Kirche
St. Victor und die einstige Begräbnisstätte, Altchristliche Sarkophage. Deut-
sches und protestantisches Leben.
Der Weg von Avignon nach Marseille, welchen man jetzt in 4 —
5 Stunden zurücklegt, früher in einer vollen Tagesreise, zeigt uns die
Provence von ihrer wenigst erfreulichen Seite. Rasch dnrchschneidet
man die quer vor sich schiebenden, nackten Felsenrippcn, die letzten Aus-
klänge der Alpen; Tarascon mit seinem hochragenden Schlosse, Arles
lassen wir zur Seite, da begiunt jenes öde kieselbedeckte Steinfeld (la
Crau), das fast io Qnadratmcilen im Umfange haltend bis vor kur-
zem nur den Schafheerden eine willkommene Weide bot, jetzt aber von
betriebsamen Lyonnefern zu bewässern und bebauen begonnen ist. Ich
kenne kaum einen düsterern und unangenehmeren Anblick, als diese
wüste, baumlose, meuschenleere Strecke. In einiger Entfernung zieht
sich allerdings eine Wasserfläche hin; schon begrüftt man freudig das
ewig jugendliche Meer des Südens, doch bittere Täuschung, es ist ein
kaum bewegtes, flaches Haff,,hinter den Sanddünen geborgen, mit
dem Meere nur an einer Stelle in Berührung, eine reiche Salzabla-
gernng und als solche wohl benutzt. Es ist interessant zu hören, wie
die Naturbefchaffenheit dieses Landstriches, die man mit Recht wohl
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Zweites Kapitel.
Marseille und das griechische Leben in Südfrankreich.
Fahrt von Avignon nach Marseille. La Crau und die Heraklessage, Eintritt in
Marseille, Physiognomie der Stadt, Das HafenleLen, Wanderung zur See.
Rundblick von Tete de More. Natur der Südküste Frankreichs. Urbewohner.
Die Phokäer und ihre Seemacht im Westen. Gründung Massalia's. Erste
Periode des städtischen Lebens daselbst. Das dauernde Freundschaftsverhältnis
zu Rom. Verfall der politischen und merkantilen Macht in der Kaiserzeit. Lage
der alten Stadt. Griechische Göttereulte, daneben phönikische und keltische
Heiligthümer. Der alte Hafen und sein Handel. Das griechische Colonienetz
der gallischen Küste, Die massilischen Münzen. Das geistige Leben der Stadt.
Inschriften. Die wissenschaftliche Schule. Plastische Werke griechischen Stiles.
Begründung des Christenthums» Das Bisthum der Stadt. Das Kloster von
St. Victor. Literarische Blüte des fünften Jahrhunderts. Die jetzige Kirche
St. Victor und die einstige Begräbnisstätte, Altchristliche Sarkophage. Deut-
sches und protestantisches Leben.
Der Weg von Avignon nach Marseille, welchen man jetzt in 4 —
5 Stunden zurücklegt, früher in einer vollen Tagesreise, zeigt uns die
Provence von ihrer wenigst erfreulichen Seite. Rasch dnrchschneidet
man die quer vor sich schiebenden, nackten Felsenrippcn, die letzten Aus-
klänge der Alpen; Tarascon mit seinem hochragenden Schlosse, Arles
lassen wir zur Seite, da begiunt jenes öde kieselbedeckte Steinfeld (la
Crau), das fast io Qnadratmcilen im Umfange haltend bis vor kur-
zem nur den Schafheerden eine willkommene Weide bot, jetzt aber von
betriebsamen Lyonnefern zu bewässern und bebauen begonnen ist. Ich
kenne kaum einen düsterern und unangenehmeren Anblick, als diese
wüste, baumlose, meuschenleere Strecke. In einiger Entfernung zieht
sich allerdings eine Wasserfläche hin; schon begrüftt man freudig das
ewig jugendliche Meer des Südens, doch bittere Täuschung, es ist ein
kaum bewegtes, flaches Haff,,hinter den Sanddünen geborgen, mit
dem Meere nur an einer Stelle in Berührung, eine reiche Salzabla-
gernng und als solche wohl benutzt. Es ist interessant zu hören, wie
die Naturbefchaffenheit dieses Landstriches, die man mit Recht wohl