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Zweites Kapitel.

schon im Alterthum als eine Versandung eines früheren Meerbusens
durch die von der Durance und Rhone mitgeführten Kies - und Geröll-
massen erklärt hat, schon frühzeitig von den Griechen bemerkt wurde
und in griechischer Dichtung sich wiedergespiegelt hat. Bekanntlich wer-
den solche gewaltsam verödete Gefilde meist als Schauplatz gewaltiger
Götterkämpfe mit den untergeordneten, furchtbaren Erdmächten, den
Titanen, betrachtet; hier ist es der Sohn des Zeus, Herakles, welcher
gegenüber der barbarischen Uebermacht der Ureinwohner diese Mission
erfüllt. Aeschylus läßt Prometheus in einem Fragmente des für uns
verloren gegangenen Stückes vom gelösten Prometheus seinem Retter
Herakles die Punkte der Wanderung zu den Säulen des Atlas, zu dem
riesigeu Geryoneus verkünden. Da heißt es:
Dann kommst du zu der Ligyer unerschrocknem Heer,
den Kampf mißachten wirst du nicht, so kühn dein Muth,
das weiß ich: denn das Schicksal will, daß jed' Geschoß
dir. mangelt und nicht einen Stein du lesen kannst
vom Boden, ist doch schwellend weich ringsum das Land.
Doch sieht dich Zeus so rathlvs, wird Erbarmen dir:
in einer Wolke niederstöbernd rund Gestein
läßt überschütten er das Erdreich und mit dem
vernichtest leicht im Kampfe du der Ligyer Heer.
Es kann die Lage einer Stadt bei ihrem Eintritt nicht leicht einen
überraschenderen Anblick gewähren, als die von Marseille. Dumpf
braust die Maschine in den Eingeweiden des Berges fort; fast scheint
es, daß wir nie wieder diesem infernalen Aufenthalte entrinnen, im-
mer noch neue lauge Minuten reihen sich den bereits in der Dunkelheit
zugebrachten an. Da tagt es und wir treten auf einmal aus der öden
la Crau in einen reichbebauten, großen Garten Gottes. Bastide reiht
sich an Bastide, dichtgedrängt stehen die südlichen Fruchtbäume, die Pi-
nie wiegt sich auf den Anhöhen, ein Kranz gewaltiger Berge umschließt
das reiche Bild und siehe, rechts auf der bläulichen Höhe lebt es und
regt sichs, wie ein Vogelschwarm mit weißem, glänzendem Gefieder:
es ist das Meer mit seinen Schiffen, die alle einem Ziele zustreben oder
von ihm ausgehen. Vor uns breitet sich die gewaltige Stadt um die
Seiten eines dichten, schmalen Mastenwaldes gelagert, nach drei Seiten
aufsteigend und in die unzähligen Landhäuser allmählich sich auflösend.
 
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