Air: römische Mausoleen. Bibliothek. Palais de Justice. 65
und Aschenkisten die Familiensacra zu halten. In Aix werden die drei
Urnen von Marmor, eine von Porphyr, noch aufbewahrt, welche
man im Innern des Mausoleums fand, und die darin gefundenen Mün-
zen weisen uns in die Anfangszeit des Antoninus Pius, so wie jene oben
besprochene Inschrift nicht unwahrscheinlich die drei Gefeierten nannte.
Aber diese Stätten der Ruhe, der heiligen Scheu, des Fami-
lienruhmes wandelte eine andere Zeit in feste Burgen um zum Schutz,
zur Abwehr, auch zur Gewaltthat auf der hart daran führenden Land-
straße. So ging es in Rom, so in Mmes, so auch hier in Aix. Das
Grabmal bildete den Mittelpunkt, an den das Grafenschloß sich an-
schloß; das Palais der Grafen von Provence, der Schauplatz jener
heitern Feste, erhob sich hier.
Die Grafen und Herren sind später den Bürgern gewichen; jetzt
sind diese Räume, freilich um 1660 ganz neu gebaut, das Hotel de
Ville einer im Grunde doch unbedeutenden Stadt, aber zugleich auch
eine literarische Schatzkammer. Mit Mühe gelangte ich, von einer
über solch seltenen Besuch sehr verwunderten Castellanin geleitet, in
die öffentliche Bibliothek, deren handschriftliche Schätze in der Vacanz-
zeit natürlich ganz verschlossen bleiben. Über einer interessanten, in
Aix gefundenen Mosaik steht an dem Ende einer stattlichen Galerie die
Büste des Begründers wissenschaftlichen Lebens in der Provence, des-
sen literarischer Briefwechsel über ganz Europa sich erstreckte: die Büste
von P eires c und andere edle Männer reihen sich ihm an. Jedoch meine
Führerin mußte mir sagen, trotz der Zahl von Angestellten der Biblio-
thek werde diese wenig besucht, oft sey den ganzen Tag nicht ein ein-
ziger Leser hier zu finden, und es ist bekannt, daß in Frankreich wie
irr Italien, die Bibliotheken ihre Bücher selten in das Haus verleihen.
Jedoch der Nachmittag ist bereits stark herangerückt. Scheuen wir
nicht die beschwerliche Treppe auf den Thurm de l'Horloge, um den
Überblick über die Stadt und das ganze Thal mit dem fernen hohen
Gebirge zu gewinnen, und so uns hier das Local jenes welthistorischen
Kampfes genau einzuprägen; auf dem Rückweg sehen wir uns noch
rasch das Palais de Justice an mit den zwei neuern vor demselben sitzen-
den, in Stein verkörperten Männern des Rechtes, deren einer, Por-
talis Minister Karls X war, mit dem schönen Hofraum, dessen Glas-
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und Aschenkisten die Familiensacra zu halten. In Aix werden die drei
Urnen von Marmor, eine von Porphyr, noch aufbewahrt, welche
man im Innern des Mausoleums fand, und die darin gefundenen Mün-
zen weisen uns in die Anfangszeit des Antoninus Pius, so wie jene oben
besprochene Inschrift nicht unwahrscheinlich die drei Gefeierten nannte.
Aber diese Stätten der Ruhe, der heiligen Scheu, des Fami-
lienruhmes wandelte eine andere Zeit in feste Burgen um zum Schutz,
zur Abwehr, auch zur Gewaltthat auf der hart daran führenden Land-
straße. So ging es in Rom, so in Mmes, so auch hier in Aix. Das
Grabmal bildete den Mittelpunkt, an den das Grafenschloß sich an-
schloß; das Palais der Grafen von Provence, der Schauplatz jener
heitern Feste, erhob sich hier.
Die Grafen und Herren sind später den Bürgern gewichen; jetzt
sind diese Räume, freilich um 1660 ganz neu gebaut, das Hotel de
Ville einer im Grunde doch unbedeutenden Stadt, aber zugleich auch
eine literarische Schatzkammer. Mit Mühe gelangte ich, von einer
über solch seltenen Besuch sehr verwunderten Castellanin geleitet, in
die öffentliche Bibliothek, deren handschriftliche Schätze in der Vacanz-
zeit natürlich ganz verschlossen bleiben. Über einer interessanten, in
Aix gefundenen Mosaik steht an dem Ende einer stattlichen Galerie die
Büste des Begründers wissenschaftlichen Lebens in der Provence, des-
sen literarischer Briefwechsel über ganz Europa sich erstreckte: die Büste
von P eires c und andere edle Männer reihen sich ihm an. Jedoch meine
Führerin mußte mir sagen, trotz der Zahl von Angestellten der Biblio-
thek werde diese wenig besucht, oft sey den ganzen Tag nicht ein ein-
ziger Leser hier zu finden, und es ist bekannt, daß in Frankreich wie
irr Italien, die Bibliotheken ihre Bücher selten in das Haus verleihen.
Jedoch der Nachmittag ist bereits stark herangerückt. Scheuen wir
nicht die beschwerliche Treppe auf den Thurm de l'Horloge, um den
Überblick über die Stadt und das ganze Thal mit dem fernen hohen
Gebirge zu gewinnen, und so uns hier das Local jenes welthistorischen
Kampfes genau einzuprägen; auf dem Rückweg sehen wir uns noch
rasch das Palais de Justice an mit den zwei neuern vor demselben sitzen-
den, in Stein verkörperten Männern des Rechtes, deren einer, Por-
talis Minister Karls X war, mit dem schönen Hofraum, dessen Glas-
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