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Fünftes Kapitel. Eine Ms'tairie.

Ebene selbst los und in einer Heftigkeit, wie ich es in Italien wenig-
stens nicht erlebt: finstere Nacht und mehr als Tageshelle folgten sich
fortwährend, im weiten Bergkranz hallte Donner auf Donner wieder,
in wenig Minuten strömten die Bäche zur Seite und über die Straße,
Kutscher und Pferde suchten vergebens den gewohnten Weg. Da end-
lich ward nach manchem Warten und schwankendem Vorwärtskommen
weiter unter uns neben der Straße ein Meierhof (Mätairie) entdeckt.
Das Thor des Schuppens war geöffnet und glücklich durch den strömen-'
den Bach rollte der Wagen in die sichere Stätte. So traten wir auf
einmal in die unmittelbar in den hohen Schuppen sich öffnende Stube
eines jener kleinen französischen Pächter ein, die zugleich Küche, Wohn-
und Schlafzimmer umschließt. Neben zwei Männern, die nicht sehr
erfreut schienen über diesen unverhofften Besuch, aber uns dann doch
eine Laterne mitgaben, war eine Frau mit einem kleinen Kinde die ein-
zige Bewohnerin, und mit ihr verständigten wir uns, so gut es ging
bei dem schon sehr dem Spanischen sich nähernden Dialekt. Das Kind
bildete hier, wie so oft, einen günstigen und verständlichen Anknü-
pfungspunkt, und ein kleines Geldgeschenk für dieses verfehlte seine
Wirkung nicht. Nachdem die Gewalt des Gewitters sich etwas gebro-
chen, setzten wir unter strömendem Regen unsere Fahrt fort, es war
bereits gegen 11 Uhr, als wir den rauschenden Canal zur Seite in
Narbonne einfuhren und bald auch die Dorade ihr großes Gastzimmer
öffuete. Freilich gab noch die Nacht in einem sehr luftigen Raum, wo
Fenster und Thüren schlecht schloffen, bei der wiederholten Wiederkehr
des Gewitters und Sturmes nicht die erwünschte Ruhe.
 
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