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Antwerpen: das Flämische, Deutsche und Französische.

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um, auf dem Freitagsmarkt die alten Hauseinrichtungen, die Art
ihrer Versteigerung, die Menschen dabei zu beachten. In das Innere
des ächt flämischen Lebens, zu Hochzeiten und Kindtaufen, dann in
die enggeschlofsenen Gesellschaften für Gesang, dramatische Aufführung,
Redeübung dringt der Fremde schwer ein, hat doch unverkennbar das
ächt Nationale gegenüber der in der sogenannten Gesellschaft durchaus
herrschenden französischen Bildung sich enger abgeschlossen und vermei-
det alle Berührung mit dem Ausländer, ist aber dadurch schon seit lan-
ger Zeit der freieren Geistesbewegung und Entwickelung verlustig ge-
gangen, die eben nur durch das freie, selbständige Berühren der Ele-
mente erzeugt wird. Schlimm genug, daß die politische und doch auch
religiöse Spaltung mehr und mehr ganze Kreise von einander fern
hält. Wenn das Flämische und ächt Nationale sich wirklich von dem
französischen, romanischen, ihrer ganzen Natur sehr widersprechenden
Bildung emancipiren will, so kann dies nur durch innigen Anschluß
an Deutschland geschehen, nur dadurch, daß die deutsche Bildung, wie
sie z. B. am Niederrhein auf ganz denselben Volkselementen und den-
selben religiösen Bedingungen beruht, als die wesentlich eigene betrach-
tet und ungeeignet wird. Wie die deutsche Schweiz trotz politischer
Trennung, trotz der im gewöhnlichen Leben durchaus herrschenden
Schweizerdialekte an der geistigen Bildung und dem ganzen Gedanken-
kreise Deutschlands participirt, so kann dasselbe für die flämischen
Theile Belgiens mit der Zeit erreicht werden. Wichtig vor allem sind
dafür die gemeinsamen politischen und commerciellen Interessen. Und
so wird gerade in Antwerpen der unbewußte Einfluß der deutschen
Familien auch langsam aber sicher wirken, um so mehr, da in einer
deutschen Schule und der deutsch-protestantischen, mit der holländischen
verbundenen Kirche für die Erziehung und religiöse Bildung ein steti-
ger Halt geboten ist.
 
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