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Michelangelo; Steinmann, Ernst [Hrsg.]
Die Portraitdarstellungen des Michelangelo — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 3: Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.47056#0073
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den Schüler, Freund und Erben Daniellos. Die Antworten beider sind vom 18. April 1566
datiert. Die des Jacopo del Duca lautet nicht sehr ermutigend: Die Büsten seien zwar
gegossen, müßten aber mit Grabstichel und Feile sozusagen neu gemacht werden. »Ich
wünsche,« fügt er hinzu, »Ihr würdet das Bildnis des Meisters selbst erhalten und nicht
das von irgend jemand anders«Michele Alberti schrieb beruhigend, die Büsten würden
im Laufe eines Monates oder etwas mehr gereinigt sein. Lionardo brauche sich nicht zu
beunruhigen^.
Lionardo scheint aber nach so schweren Geduldsproben seiner Sache keineswegs sicher
gewesen zu sein. Er wandte sich auch noch an Diomede Leoni. Und dieser gelobte ihm
in einem Schreiben vom 4. Juni 15 66 aus San Quirico, er werde sich der Sache nach seiner
Rückkehr annehmen und die Bronzen in die Hand desselben Mannes geben, der ihn
selbst zur Zufriedenheit bedient habe3).
Damit schweigen die Quellen, und wir können heute nicht mehr sagen, wann Lionardos
berechtigte Wünsche endlich befriedigt worden sind. Der Büste, die er selbst besaß, tat
Diomede Leoni noch einmal in einem Schreiben an den Neffen Michelangelos vom
17. September 1569 Erwähnung. Er hatte die nunmehr ganz vollendete in seiner Vigna
aufgestellt und hoffte sie dort einmal Lionardo zeigen zu können^.
Schon einen Tag nach RicciarellisTode am 5. April 1566 ließen die Ruccellai in seinem
Hause auf dem Monte Cavallo — das Haus Michelangelos hatte er noch nicht bezogen —
das Inventar seines künstlerischen Nachlasses aufnehmen. Die Ruccellai nahmen die
Interessen der Caterina de’ Medici in Rom war, für die Daniello da Volterra die Reiter-
statue Heinrichs II. auszuführen hatte5). Es kann also nicht Wunder nehmen, daß die
Vertreter, der um ihre Hoffnungen betrogenen Königin von Frankreich, sofort auf alles
Beschlag zu legen wünschten, was sich für dies Denkmal an Vorarbeiten in der Werk-
statt des Künstlers vorfinden mochte. Das Bronzepferd war bereits gegossen, und eine
Fülle von Skizzen für Roß und Reiter fanden sich tatsächlich in den Räumen Ricciarellis
verstreut. Neben den Porträts König Heinrichs wird im Schlafgemach Daniellos aber
auch ein Bildnis Michelangelos im Holzrahmen aufgeführt. War es ein Werk von des
Künstlers eigener Hand, eine Vorarbeit vielleicht für das Fresco in S. Trinitä de’ Monti?
War es nur eine Kopie nach Bugiardini oder Jacopo del Conte? Wir wissen es nicht!
Weit wichtiger aber ist, was wir aus diesem Inventar über die Arbeit des dahingerafften
Bildhauers an den Bronzebüsten Michelangelos erfahren. Es werden nämlich nicht weniger
als sechs Bronze-Wiederholungen des Michelangelo-Porträts in den verschiedenen
Zimmern aufgeführt6). Wenn man dann weiter erwägt, daß Diomede Leoni, das von
ihm bestellte Exemplar längst zu sich genommen hatte, um es ziselieren zu lassen, wenn
1) Gotti I, 372.
2) Gotti I, 373. Vgl. auch Heath Wilson, Life and works of Michelangelo Buonarroti. London 1881, p. 561.
3) Daelli p. 73.
4) Daelli p. 79.
5) Vgl. A. de Montaiglon, Notice sur l’ancienne statue equestre, ouvrage de Daniello Ricciarelli etc. Paris 1874, p. 17.
Orazio Rucellai, der Besitzer eines glänzenden Palastes in Rom und späterer Geschäftsträger der Könige Frankreichs daselbst,
hatte von Paris aus zusammen mit Roberto Strozzi die Verhandlungen mit Daniello da Volterra geführt. Vgl. II Buonarroti I
(1866) p. 205.
6) Das wichtige Dokument wurde von B. Gasparoni im Buonarroti I (1866) p. 178—180 publiziert, der schon damals
seinem Erstaunen darüber Ausdruck gab, daß sich im Hause Daniellos die Michelangelo-Bronze in 6 Kopien vorfand. Es
ist, soweit ich sehe, völlig in Vergessenheit geraten. Die in Betracht kommenden Aufzeichnungen lauten:
In una stanza da basso: Una testa con petto di bronzo di Michelagnolo bonarroti.

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