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Michelangelo; Steinmann, Ernst [Hrsg.]
Die Portraitdarstellungen des Michelangelo — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 3: Leipzig: Klinkhardt & Biermann, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.47056#0072
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DIE BRONZEBÜSTEN
DES DANIELLO DA VOLTERRA (TAFEL 54-67)
Gleich nach dem Hingang seines großen Oheims erteilte Lionardo Buonarroti an
Daniello da Volterra den Auftrag, zwei Bronzebüsten von ihm herzustellen. Daniello hatte
Michelangelo sterben sehn, er hatte zu den intimsten Freunden seines Alters gehört, und
diese Freundschaft hatte sich vom Onkel auf den Neffen übertragen. Daniello hatte ein
Porträt seines Meisters nach dem Leben zeichnen können, als er das Fresko in S.Trinitä
de’ Monti malte. Wahrscheinlich wird er auch von dem Toten noch die Maske geformt
haben. So schien er vor allen anderen befugt und befähigt, für die Nachwelt die Züge
des Unsterblichen festzuhalten1).
Schon am 11. Juni 1 564, also kaum vier Monate nach Michelangelos Hingang, konnte
Daniello nach Florenz berichten, daß eine Form in Wachs bereits vollendet sei2). Am 9. Sep-
tember tat auch Diomede Leoni der Modelle zweier Büsten in einem Briefe an Lionardo
Buonarroti Erwähnung und berichtete, sie seien auf bestem Wege fertig zu werden3). Am
9. Februar 1565 waren drei Büsten soweit vollendet, daß es nur noch notwendig war, sie
zu gießen. Diomede Leoni hatte das dritte Exemplar bestellt, »um, wie er schrieb, auch
mit den Augen den zu sehn, den er im Geist und Herzen immer vor sich habe4).« Aber
am 21. April war mit dem Guß noch immer nicht begonnen5). Am 8. September waren
die Köpfe endlich gegossen und gut herausgekommen, aber Daniello, erschöpft von der
Riesenarbeit am Reiterdenkmal Heinrichs II. von Frankreich, hatte im Bad von San Filippo
bei Siena Erholung suchen müssen6).
Inzwischen ließ Diomede Leoni seinen Guß weiter bearbeiten7) und gab in einem
Schreiben vom 6. Oktober 1565 der Hoffnung Ausdruck, daß diese fertige Arbeit Riccia-
relli veranlassen werde, auch die beiden anderen Bronzen schnell zu reinigen und zu zise-
lieren8). Am 9. März 1566 endlich berichtete Diomede nach Florenz, daß seine Büste
fast hergerichtet sei und tröstete aufs neue, daß nun auch Lionardos Bronzen bald fertig
werden würden9).
Aber diese Hoffnung blieb unerfüllt.
Als Daniello da Volterra am 4. April 1566 starb war an die Bronzen Michelangelos
noch immer nicht die letzte Hand gelegt. Lionardo Buonarroti scheint nun ernstlich be-
unruhigt gewesen zu sein. Er schrieb nach Rom an Jacopo del Duca und an Michele Alberti,
1) Die Dokumente der Entstehungsgeschichte der Michelangelo-Bronzen hat Thode (V, 533) zusammengestellt. Ich habe
diese Zusammenstellung mit Gotti und Daelli zusammen benutzt. Leider sind Daellis Dokumente äußerst mangelhaft gelesen
und gedruckt und daher nicht immer zuverlässig. Karl Frey wird in seinem großen mit Spannung erwarteten Werk über
den Carteggio Vasaris wahrlich auch das alte Material über die Büsten und das Denkmal Michelangelos in Sta- Croce
verbessern und neues hinzufügen.
2) Daelli p. 58.
3) Daelli p. 60.
4) Daelli p. 22 und 63. Gleichzeitig schrieb auch Riccarelli selbst an Lionardo und bekannte, daß die beiden Köpfe
noch nicht gegossen seien, weil er noch eine besondere Legierung der Metalle vorbereiten müsse. Vgl. II Buonarroti I
(1866) p. 205.
5) Daelli p. 66.
6) Gotti II, 147 und I, 372. Das Original dieses Briefes des Diomede Leoni an Lionardo Buonarroti sah Fortnum
in der Sammlung von M. Piot in Paris. Vgl. Arch. Journal XXXII (1876) p. 180.
7) Daelli p. 71.
8) Gotti I, 371.
9) Daelli p. 71.

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