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Bildhauer brauchte, besitzen wir eine ausführliche Beschreibung in den Lettere pittoriche
p. 129, Nr. XXV.
Das Bauwerk, das den Hut Michelangelos darstellt, soll ein Abbild der Peterskuppel
sein, die damals ja noch unvollendet gewesen ist. Oben im Giebel liest man: Perservir
sempre fui de’ servi sono. Diese Inschrift erinnert an einen Vers in dem Gedicht, in dem
Michelangelo sein Alter beschreibt, wo er von sich selbst sagt: povero vecchio et serv’ in
forz’ altrui. Vgl. Frey, Dichtungen p. 88.
Ein ähnliches Capriccio - ein Gesicht aus lauter Tieren zusammengesetzt - beschreibt
Lomazzo in seinem Buch: Idea del tempio della pittura. Bologna, s. a. 2.A., p. 136. Es
stellte den Vizekanzler Maximilians II. dar und war von Guiseppe Arcimboldi gemalt.
Mr. A. M. Hind machte mich auf diese Zeichnung aufmerksam. Sir Rennell Rodd ver-
mittelte gütigst das weitere, und der Marques ofNorthampton stellte mir in liebenswürdiger
Weise eine Photographie der Zeichnung zur Verfügung, die sein Sohn besitzt.
TAFEL 80.
Herkules und Kakus. Marmorgruppe des Vincenzo de’ Rossi im Hof des Palazzo Vecchio
in Florenz.
Schon Bocchi hat diese Gruppe als Herkules und Kakus bezeichnet: »Herkules atmet
Wut und Zorn; Kakus aber, völlig eingeschüchtert und als Besiegter zu Boden gestreckt,
erwartet den Schlag, der ihm das Leben rauben soll. Es scheint überflüssig, diese Statue
zu loben, die Leiden und Leidenschaft der beiden Figuren so glänzend zum Ausdruck
bringt1).« Über die Entstehungsgeschichte der zwölf Arbeiten des Herkules, zu denen
diese Gruppe gehört, weiß Borghini zu berichten, Vincenzo de’ Rossi habe sie im Auf-
trage des Herzogs Cosimo begonnen, als er nach dem Tode Pauls IV. von Rom nach
Florenz übersiedelte2). Er erzählt auch, daß sieben dieser Kompositionen im Jahre 1584
bereits vollendet waren, die fünf übrigen aber Abozzi blieben. Unter den sieben voll-
endeten Gruppen aber führt Borghini als erste Herkules und Kakus auf, die Gruppe, die
heute oben im Saal des Cinquecento fehlt und unten im Hofe in der Nische ihren Platz
gefunden hat, in der man früher Donatellos David bewunderte. Trotz dieses wohlver-
bürgten Stammbaums wird aber die Gruppe heute nicht mehr Herkules und Kakus,
sondern Simson und der Philister genannt. Warum? Weil der vermeintliche Simson
tatsächlich in der Rechten den Eselskinnbacken trägt, mit dem er die Philister erschlug.
Wie Herkules nachträglich zu diesem Emblem des jüdischen Helden gekommen ist, und
warum er aus der Reihe ausgestoßen wurde, wissen wir nicht. Jedenfalls haben wir in dieser
Gruppe trotz des Eselskinnbackens die siebente der Herkulesarbeiten zu sehn, die Borghini
erwähnt und die auch Bocchi noch im Jahre 1671 richtig beschrieben hat3).
Vor dem Palazzo Vecchio steht noch eine andere Gruppe, Herkules und Kakus dar-
stellend, die Bandinelli ausgeführt hat. In dieser Gruppe verkörpert sich noch heute die
unversöhnliche Rivalität, mit welcher Bandinelli und Michelangelo einander bekämpft
haben. Bald sollte der eine, bald der andere den ungeheuren Block bearbeiten, bald sollte
sich ein Herkules, bald ein Simson aus diesem Marmor hervordrängen. Ein Machtwort
des Papstes machte nach seltsamen Zwischenfällen der Fehde ein Ende: Michelangelo
1) Le bellezze della cittä di Firenze ed. Giov. Cinelli, Firenze 1677, p. 87.
2) Riposo ed. Milano 1807, III, 172. Die erste Auflage des Riposo erschien in Florenz im Jahre 1584.
3) In obiger Ausführung bin ich Interpret der Ansicht des Direktors der Uffizien Dr. G. Poggi. Für die ziemlich schwierige
Aufnahme der Statue selbst bin ich Herrn Professor Hermanin zu besonderem Dank verpflichtet.

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