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I. DER GEMÄLDEZYKLUS.
Die zehn Hauptbilder an den Wänden. (TAFEL 84—108.)
Für eine stilkritische Würdigung dieser Gemälde im Einzelnen ist der Zeitpunkt noch nicht
gekommen. Die Maler, die Michelangelo der Jüngere alsMäcen beschäftigte, sind zum Teil
in der Kunstgeschichte noch unbekannte Größen. Eine umfangreiche Behandlung dieser
Historien würde überdies aus dem Rahmen eines Katalogs herausfallen. Aber darüber
darf kein Zweifel herrschen, daß diese Arbeit einmal gemacht werden wird und gemacht
werden muß. Im folgenden kam es zunächst nur darauf an, den historischen Wert der
einzelnen Darstellungen festzulegen und sie auf ihre Herkunft aus den erhaltenen Quellen
zu prüfen. Wie tüchtig übrigens die meisten Maler waren, die in der Casa Buonarroti
beschäftigt worden sind, erkennt man aus ihren Handzeichnungen vielleicht noch besser
als aus ihren Gemälden. Es konnten wenigstens einige Handzeichnungen, die zu dem
Buonarroti-Zyklus gehören, gefunden und hier wiedergegeben werden.
TAFEL 84.
Anastasio Fontebuoni: Michelangelos Versöhnung mit Julius II. in Bologna.
Beischrift: Michaelis Angeli reditvs ad Ivlivm ii patria legatione insignis eo
ILLVSTRIOR FIT QvO DIV A PONTIFICE EXPETITVS VIX TANDEM IMPETRATVR CVM HOC
HABEAT PRAECLARA VIRTVS VT SE IPSA NOSCAT ET QvAM SIT AMABILIS INTELLIGAT
Fanfani p. 3, Nr. I.
Michelangelo hat diese Begegnung selbst beschrieben: »So wurde ich denn gezwungen,
mit dem Strick um den Hals nach Bologna zu gehn und ihn um Verzeihung zu bitten.«
(Milanesi, Lettere p. 427.) Vgl. Vasari VII, 169. Baldinucci XIV ed. Manni p.77. Condivi
ed. Frey p. 78.
Denselben Vorgang hatte Tommaso da San Friano in San Lorenzo für das Funerale
gemalt. (Vasari VII, 312.)
Für das Bildnis Julius II. hat das Porträt Raffaels als Vorlage gedient, ohne daß man
bedacht hätte, daß Julius II. in Bologna noch keinen Bart getragen hat. Von den Porträts
der Zeitgenossen weiß Michelangelo der Jüngere nur den Knienden links mit dem weißen
Spitzbart als Neri Alberti, Senator von Florenz, zu bezeichnen.
Michelangelo ist ganz schwarz gekleidet. Der Papst trägt über den weißen Gewändern
den roten Schultermantel und auf dem Kopf die rote Kappe.
TAFEL 85.
Giovanni Biliverti: Michelangelo und die Türkische Gesandtschaft.
Beischrift: Praestantis INGENII FAMA adeo caelebris vel in barbaros pervagatvr
VTADPONTEM BOSPHORO IMPONENDVM QVO CHALCEDONEM BYZANTIO IMO ASIAM EVROPAE
CONIVNGERET A SOLYMANO TVRCARVM IMPERATORE EVOCETVR
Fanfani p.4, Nr. II.
Nach Condivi sind es Franziskaner Mönche gewesen, die Michelangelo im Auftrage
Bajezid II. (1881 —1512) aufforderten, nach Konstantinopel zu kommen. Hier ist Con-
divis Bericht aufgebauscht, indem eine Sondergesandtschaft von Türken erscheint. Dreizehn
Jahre später trat die Aufforderung, nach Konstantinopel zu kommen, ein zweites Mal an
Michelangelo heran. Es hat sich ein Schreiben seines Landsmannes Tommaso di Tolfo

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