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den in ihn gesetzten Erwartungen kaum entsprochen. Bei der Eisenbahn-
verwaltung gab es bisher einen solchen Beirat nicht, und das hatte seine
guten Gründe. Das bestentworfene Künstlerplakat kann je nach der ört-
lichen Anbringung erst zu gut und böse werden. Da man aber mit Fug und
Recht verlangen muß, daß der Hochbauer bei der Eisenbahn nicht nur mit
den unzähligen Paragraphen seiner Vorschriften, sondern möglichst noch
besser mit den Bauten und Strecken seines Bezirks Bescheid weiß, so ist er
auch in erster Linie auf Grund seiner Ortskenntnisse zunächst berufen, der
Zulassung oder Ablehnung eines Reklameantrages zu entscheiden. Eine
Kommission ohne eingehende Ortskenntnis wäre schon materiell gar nicht
in der Lage, solche Entscheidungen, für welche erst zahlreiche örtliche Be-
sprechungen nötig wären, zu fällen. Im übrigen sind aber die Reichsbahn-
direktionen ausdrücklich angewiesen — und hiervon wird jeder Hochbau-
dezernent, wie ich es auch mehrfach mit Erfolg getan habe, gerne Gebrauch
machen —, die Organe der Denkmalpflege, die Heimatschutzvereine, den
Werkbund usw. in besonders wichtigen Fällen gutachtlich zu hören und
diesen dankbar sein, wenn sie sein Urteil entgegen etwaigen anderen, von
finanziellen Gesichtspunkten des Eisenbahnausfalls, Eigenwillen der In-
teressenten usw. beeinflußten Meinungen stützen. Daß übrigens derselbe
Beamte auch angehalten ist, für den ordnungsmäßigen Zustand der amt-
lichen Anschläge auf Bahngebiet, die in punkto Sauberkeit und Ordnung
ein Vorbild für jede Reklame sein sollte, zu sorgen, sei nur nebenher erwähnt.
Die Deutsche Allgemeine Zeitung, deren Besitzer bekanntlich mit den-
jenigen der Deutschen Eisenbahn-Reklame identisch ist, verlangte in einem
„er Gurt Wesse“ gezeichneten Artikel vom 22. Februar 1922 die einheitliche
Zusammenfassung der Außenreklame für das ganze Reichsgebiet und schlägt
den beim Ministerium des Innern bestellten Herrn Reichskunstwart als
Mittelpunkt für diese Schlichtungsstelle vor. Seltsamerweise wird als Grund
angegeben, daß der Architekt der einen Eisenbahn-Direktion, der vielleicht
vor Jahrzehnten studiert habe und die Plakatgestaltung nicht verstehe
oder nicht dulden wolle, das ablehne, was der vielleicht anderswo oder erst
später ausgebildete Kollege der Nachbardirektion mit Freuden gutheiße.
Meine Herren, das heißt doch unsere Erfahrungen und Absichten gewaltig
unterschätzen, und ich möchte die Zentralstelle sehen, die etwa von Berlin
aus entscheiden wolle, daß ein für einen ganz modernen Balmhof kompo-
nierter Reklameentwurf ebenso gut in ein ganz altes Gebäude, das vielleicht
nicht einmal geeignete Flächen zur Verfügung hat, passe. Darum muß in
jedem Bezirke zunächst ein einziger Ortskundiger, auf den alle geforderten
Voraussetzungen zutreffen, mit der Entscheidung sowohl wie mit der Ver-
antwortung betraut werden. Irrt aber dann einmal wirklich der verant-
wortliche Beamte trotz örtlicher Kenntnis, oder erscheint Ihnen sein Urteil
einmal allzu subjektiv, so würde sicher die etwaige Kommission ohne solche
noch viel öfter fehlen, dazu aber in sehr vielen Fällen auch noch das Ge-
schäft aufhalten und nicht zum Nutzen des Reiches und zum Schaden
des Reklameunternehmens, das ja ohnehin in den Städten auch meist auf
die Zustimmung der städtischen Baukommission angewiesen ist. Es würde
natürlich nicht ausgeschlossen sein, daß besonders wichtige Fragen, die
über den Kreis der örtlichen Bedeutung hinausgehen, vor ein besonderes
Forum gebracht würden, ein Fall, der dank der Mitwirkung Ihrer berufenen
 
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