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Vorsitzender: Meine Damen und Herren! Sie haben alle mit tiefer
Bewegung die Schilderung vernommen,, die uns soeben von berufener Seite
über den baulichen Zustand der beiden herrlichen alten Baudenkmäler
gegeben worden ist. Es fragt sich, ob wir uns einfach damit begnügen
sollen, dies zur Kenntnis zu nehmen, oder ob wir nicht verpflichtet und
berufen sind, unsere Stimme zu erheben, damit etwas zugunsten unserer
so arg gefährdeten Kunstdenkmäler geschieht. Von diesem Gesichtspunkte
ausgehend, hat Professor Gößler uns eine Entschließung überreicht, die
ich, nachdem kleine redaktionelle Änderungen vorgenommen worden sind,
vorzulesen mir erlaube:

Entschließung.

,,Der in Stuttgart versammelte Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz
lenkt die Aufmerksamkeit der Begierungen und Volksvertretungen im Beich
und den Ländern auf die stetig zunehmende Gefahr hin, der eine Anzahl unserer
bedeutendsten großen kirchlichen Baudenkmäler in ihrem baulichen Bestände
und ihrer künstlerischen Erscheinung ausgesetzt sind. Die Eigentümer der
Bauten sind zurzeit meistens nicht mehr imstande, die Kosten für deren Er-
haltung aufzubringen. Die Veranstaltung von Lotterien ist in der Begel auch
nur als ein schwacher Notbehelf zu betrachten.

Der Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz richtet daher an die Be-
gierungen und Volksvertretungen irrt Beich und den Ländern die dringende
Bitte, mit tunlichster Beschleunigung zureichende Mittel für die Erhaltung
dieser ■unserer wertvollsten Nationaldenkmäler bereitzustellen.“

(Lebhafter Beifall.)

Ihren lebhaften Beifall nehme ich als Zeichen der Zustimmung an und
danke Ihnen dafür. Ich werde dafür Sorge tragen, daß diese Entschließung
sofort den Regierungen und Volksvertretungen der deutschen Länder
überreicht wird.

Wir treten nunmehr in die Diskussion ein.

Professor Dr. Eiechter-Stuttgart: Wir haben sehr dankbar zu sein
für die Mitteilungen des Herrn Baurats Wächter, aber noch mehr für seine
außerordentlich tüchtige und eingehende Bauleistung und seine eingehenden
Studien an den beiden von ihm erwähnten Denkmälern. Ich glaube, wir
können den meisten seiner Punkte, die er aufgestellt hat, zustimmen, vor
allem den Punkten, in denen er betont, daß das konstruktive Gefüge solange,
als nur irgend möglich, gesichert werden muß. Seine technischen und sta-
tischen Untersuchungen sind uns die beste Gewähr, daß dies sorgfältig und
in einer Art geschieht, wie es vielleicht bisher nie so gewissenhaft geschehen
ist, so daß nicht ein planloses Herumbasteln und Herumflicken an den
Türmen und Bauten vorgenommen wird, sondern ein planvolles Vorgehen.
Nur in einem Punkt muß ich widersprechen, Sie werden schon wissen, in
welchem. Meine gestrigen Ausführungen haben Ihnen ja gesagt, daß ich
es im Sinne einer gesunden, auf eine Weiterentwicklung unserer ganzen
künstlerischen Anschauungen abzielenden Denkmalpflege nicht für richtig
halten kann, wenn wir über die Formen, die an einem solchen Bau erhalten
sind, uns nicht hinauszugehen getrauen. Es kann nach meiner Meinung
nicht richtig sein, daß ausschließlich die spätgotischen Formen, die Formen
 
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