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Strzygowski, Josef; Strzygowski, Josef [Hrsg.]
Die Baukunst der Armenier und Europa: Ergebnisse einer vom Kunsthistorischen Institute der Universität Wien 1913 durchgeführten Forschungsreise (Band 2) — Wien: Kunstverl. Schroll, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.47011#0197

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DAS EINDRINGEN DES CHRISTENTUMS

647

IV. Das Eindringen des Christentums.
Armenien ist das erste Land, in dem das Christentum, etwa gegen Ende des 3. Jahrhunderts
Staatsreligion wurde. Zwar war ihm darin bald nach 202 die Osrhoene vorangegangen, als sich
Abgar IX. von Edessa taufen ließ; aber dieser Staat war schon 216 wieder römischer Verwaltung
unterstellt worden1). Immerhin gewann Edessa einen nachhaltigen Einfluß auf die Gestaltung der
Kirche in Mesopotamien, wovon noch zu reden sein wird. In Armenien jedenfalls blieb die einmal
begründete nationale Kirche bestehen. Der Kunstforscher vermag ihre Selbständigkeit vielleicht
überzeugender darzulegen, als es auf jedem anderen Gebiete möglich ist. Der syrische und griechische
Einschlag wurde in der bildenden Kunst fast vollständig wieder überwunden. In Georgien, wo das
Christentum später als in Rom, aber noch im 4. Jahrhundert Staatsreligion wurde, ist der byzantinische
sowohl, wie der mittelpersische Einschlag viel stärker als in dem bis 428 unter einer arsakidischen
d. h. parthischen Dynastie stehenden Armenien.
A. Die Anfänge.
»Die Anfänge des Christentums in Armenien sind viel älter, als Gregor der Erleuchter und
Trdat, welche es zur Landesreligion erhoben haben. Auch wenn man die Möglichkeit eines aposto-
lischen Ursprunges der armenischen Kirche beiseite läßt, muß man doch in Betracht ziehen, daß
die Legenden die Christianisierung Armeniens mit der Einführung des Christentums in Edessa in
Zusammenhang bringen. Von Edessa wissen wir aber, daß es gegen Ende des 2. Jahrhunderts bereits
christlich war. Von dem bedeutendsten Gnostiker Bardesanes (Ende des 2., Anfang des 3. Jahr-
hunderts), den Hippolyt schwerlich ohne Grund einen Armenier nennt, ist bekannt, daß er auch in
Armenien missioniert hat. Schon um die Mitte des 3. Jahrhunderts gibt es in Armenien fest organi-
sierte Gemeinden unter bischöflicher Leitung (Dionysius von Alexandrien schreibt einen Brief an
Bischof Meruzanes den Armenier; Eusebios, »Kirchengeschichte«, VI/46). Das alles darf man als
Ertrag der Tätigkeit der syrischen Mission in Armenien ansehen«2).
Dem Kunstforscher, der die große Bedeutung der Trompenkuppel über dem Quadrat in
Armenien wie in Ostiran beobachtet hat, liegt nahe, zu fragen, ob nicht schon in den ersten Jahr-
hunderten auch an einen Zustrom christlicher Anregungen nach Armenien von Osten, nicht hur vom
syrischen Mesopotamien her, zu denken sei. Freilich möchte es bei der Art, in der die Geschichte
der Valeria (die Lactantius erzählt) bei Überarbeitung der Zeittafeln des 4. Jahrhunderts im 5. Jahr-
hundert auf Hripsime (die mit der Oberin Gajane aus einem Kloster in Rom stammen sollte)3), zu-
gerichtet wurde, als vergebliche Mühe erscheinen, den Dingen noch auf den Grund sehen zu wollen.
Ist doch selbst die Gestalt des Gregor mit byzantinischem Rankenwerk umsponnen worden.
Man erwarte sich also fürs Erste nicht mehr als verwehte Spuren, denen erst beizukommen sein
wird, wenn man die Forschung im parthischen und Altai-Iran-Gebiet ernstlich aufnimmt.
In der Folge der Sprachen, die die Apostel nach dem Pfingstwunder redeten4), wird die parthische
und medische obenan genannt. Es waren also Juden aus diesen Gegenden zu jener Zeit in Jerusalem.
Können solche nicht auch Träger des Christentums nach ihren Wohnsitzen geworden sein, ganz
abgesehen von der Mission selbst? Man erinnere sich, daß einem der hervorragendsten Geschlechter
’) Vgl. Härnack, »Mission und Ausbreitung«, II, S. II7f. und Baumstark, »Sprache, Nation und Kirche im christlichen
Orient« (Hist.-pol. Blätter für das katholische Deutschland, CLVI, 1915', S. 635.
2) Ter-Minassiantz in »Die Religion in Geschichte und Gegenwart«, I, Sp. 703.
3) Vgl. Langlois in seiner Agathangelos-Ausgabe, I, S. 137.
4) Vgl. über die Entstehungszeit der Apostelgeschichte u. a. A. Bauer, »Vom Griechentum zum Christentum«, S. 103 f.
 
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