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Strzygowski, Josef; Strzygowski, Josef [Hrsg.]
Die Baukunst der Armenier und Europa: Ergebnisse einer vom Kunsthistorischen Institute der Universität Wien 1913 durchgeführten Forschungsreise (Band 2) — Wien: Kunstverl. Schroll, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.47011#0255

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ARMENIEN ALS BYZANTINISCHE OSTMARK

705

VIII. Armenien als byzantinische Ostmark.
1004—1064.
862 fand in Schirakawan ein Konzil statt, das eine Union der Armenier und Griechen anstrebte.
Byzantinischer Vertreter war der Bischof Johannes von Nikaia, ein gebürtiger Armenier. Die
Einigung scheiterte an der neuerlichen Weigerung, das Chalcedonense anzuerkennen. Doch fand
immerhin eine Annäherung statt.
Als der in byzantinischen Diensten stehende armenische General Kurkuas in zwanzigjährigen
Kämpfen (920—942) die Reichsgrenze von Byzanz wieder vom Halys bis an den Euphrat und
Tigris vorschob und Melitene dem byzantinischen Einfluß erlag, schüttelten die Armenier und
Georgier das islamische Joch ab und blieben bis zum Vordringen der Seldschuken unabhängig- —
soweit Byzanz ihnen Freiheit gönnte1).
Die byzantinische Herrschaft über Armenien scheint keinen tiefgreifenden Einfluß auf die Kunst
des Hochlandes ausgeübt zu haben, außer in der Richtung, daß erst seit dieser Zeit die Bilder
Eingang in die bis dahin immer noch vorwiegend, wie ich annehme, arisch rein auf Architektur
und Zierkunst eingestellten Kirchen fanden. Freilich darf nicht vergessen werden, daß schon mit dem
ersten syrisch-griechischen Vorstoße im 5. JahrhunderteineWendung eintrat und die Schrift desWrthanes
Kerthogh (oben S. 678) Stellung für die Bilder nahm. Der Streit selbst wird gut beleuchtet durch
den Brief des Wardapet Mairagometzi bei Moses Kaghankatuatzi III, 46, Seite 211, von dem eben-
falls die Rede war (S. 530). Ein offenkundiger Beleg für die Anwendung von Bildern bietet auch
die Antwort des Katholikos von 791 (S. 433). Doch handelt es sich dabei immer um Strömungen
gegen die herrschende Bilderlosigkeit. Auch der Patriarch Wahan (968—970) war durch eine Synode
in Ani abgesetzt worden, weil er «mit den Georgiern sich verbündete . . . und Bilder bringen ließ,
um die chalcedonensische Häresie zu erneuern«2). Stephan von Siunik sagt über diese Absetzung in
einer Rede gegen die Anhänger von Chalcedon: »Wieder eine Synode in Ani, in der man durch
eine genaue Untersuchung den Patriarchen Wahan von Baghk (Balk) als Gesinnungsgenossen der
Georgier überführte: weil er die Bilder in die armenische Kirche eingeführt hatte und dadurch
von allen Altären die Herrlichkeit des Kreuzes aufgehoben worden war, während die' »Ikonen«
sie schmückten, so stieß man ihn mit Verdammnis aus und setzte einen gewissen Stephanus an
seine Stelle.« Daraufhin schließt Karapet Ter-Mkrttschian a. a. O., daß die Armenier, die in späterer
Zeit solche Anschauungen hatten3) wohl kaum im 6. und 7. Jahrhundert günstiger für die Bilder
gestimmt waren. Sie hätten sie wahrscheinlich in ihrer Kirche weder gehabt, noch wären sie ver-
anlaßt gewesen, sich darüber auszusprechen.
Wie die Bilder in den Kirchen Armeniens Eingang fanden, darüber gibt Stephan Orbelian gut
Auskunft4); er berichtet von einer im Jahre 930 geweihten Kirche des Klosters Tathev: »Metropolit
Jakob hat Maler und Zorachen, d. h. Bilderverfertiger aus dem fernen Lande der fränkischen Nation
gerufen und hat die ganze Kirche von oben bis unten mit ungeheuren Kosten ausmalen lassen.
Das Bild Christi wurde in schrecklicher Gestalt gerade über dem Altar auf der ganzen Decke des
Hauptbogens (der Kuppel) dargestellt und unter demselben die Gestalten der Propheten, Apostel
und Patriarchen; und das Ganze hat er so ausgeschmückt, daß die Augen der Beschauer entzückt
waren und niemand glaubte, daß es mit Farben gemalt sei, sondern daß es wirklich lebende
Gestalten wären, wovor erschreckt die Zuschauer flohen«. Wenn es noch eines Beweises bedürfte,
*) Daghbaschean, Gründung des Bagratidenreiches, S. 106.
2) Vgl. Kirakos von Gandzak, Geschichte S. 49, ed. Venedig 1865 (nach Karapet Ter-Mkrttschian, »Die Paulikianer im
byzantinischen Kaiserreiche«), S. 59.
3) Stephan von Siunik ist geschrieben im Jahre 1302, gedruckt Konstantinopel 1755 f. Vgl. ebenda S. 59.
4) Vgl. Brosset, Histoire de la Siounie, S. 150 und mein »Edschmiatsin-Evangeliar«, S. 86 f.
 
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