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Strzygowski, Josef; Strzygowski, Josef [Hrsg.]
Die Baukunst der Armenier und Europa: Ergebnisse einer vom Kunsthistorischen Institute der Universität Wien 1913 durchgeführten Forschungsreise (Band 2) — Wien: Kunstverl. Schroll, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.47011#0241

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DIE ZEIT BIS UM iooo

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VII. Die Zeit bis um 1000.

Die Blütezeiten der national-armenischen Baukunst liegen im 4. Jahrhundert, als das arsakidi-
sche Geschlecht alle Kräfte zu einer großen Tat, eben der Einführung des Christentums zusammen-
faßte, dann im 7. Jahrhundert als Byzanz und Persien müde gekämpft waren und der Islam der
völkischen Bewegung noch freien Spielraum ließ, endlich um 1000, als einheimische Geschlechter
ihre neuen Hofsitze durch Großbauten zum Range richtiger Städte zu erheben suchten und Ani vor
allem fast großstädtisches Ansehen gewann. Aus dieser Zeit sind uns die Namen der führenden
Baumeister eines Manuel und Trdat erhalten, von denen oben Seite 589 f. die Rede war. Es gilt
nun zusammenfassend diese Meister auf dem Hintergrund ihrer Zeit erscheinen zu lassen.

A. Die Bagratiden (vgl. Die Königsliste, S. 600).
Als mit Basileios I. (867) ein Armenier den byzantinischen Kaiserthron bestieg, wurde auch
Armenien unter den Bagratiden wieder teilweise selbständig. Der Khalif machte Aschot, der sich
855 zum Fürsten der Fürsten aufgeschwungen hatte, zum Könige, ebenso tat Basileios'). Er und
sein Nachfolger Smbat (889—914) waren noch in einem Lehensverhältnisse zum Khalifat, die sieben
andern Bagratiden (913—1043) aber unabhängig. Aschot hatte2) seine Residenz in Bagaran, wo die
Hochzeit seiner Tochter mit dem Artsrunier Derenik 862 und 885 wohl auch die Krönung gefeiert
wurde"). Als Aschot 890 starb, wurde er in der für ihn bereiten Gruft ebenfalls in Bagaran beige-
setzt4). Wir kennen bis jetzt nur einen Kirchenbau in Bagaran, die Kathedrale vom Jahre 624—631.
Aschot selbst hat dort, scheint es, keinen Neubau aufgeführt. Doch hören wir bei Johannes Katholikos
c. 39, S. 245, von einer Kirche, die Aschot Sparapet, der Sohn Schapuhs aufführte unter Zuweisung
kostbarer Gegenstände5). Ich bilde hier (Abb. 660) die Reste einer zweiten Kirche ab'1), die wohl
auf die Nordwestecke eines Baues zu deuten sind, der im Westen ein hohes tonnengewölbtes Schiff
aufwies. Die Gurtbogen liegen auf Wandpfeilern, die, weit vor die Außenmauer vortretend, tiefe
Nischen bildeten. Über ihnen außen merkwürdig hoch, die an das Mittelschiff angelehnten Pult-
dächer mit der Bandgeflechtschräge. Nach der Einfachheit der steilen Hohlkehlen-Abschlüsse
der Pfeiler würde eine frühe Zeit anzunehmen sein. Bagaran zeigt noch andere Ruinen. Einige sind
bei Nahapetian I, Blatt 38, zu sehen.
Von Aschot I. und seinem Sohne sagt der hundert Jahre später schreibende Stephan v-on
Taron III, 3' (Gelzer-B., S. 117 f.): »Und so wuchsen die Dörfer zu Städtchen an und die Städt-
chen zu Städten infolge der Menschenmenge und des Reichtums, so daß sich sogar die Hirten und
Bauern in Gewänder von Seide kleideten«. Hauptstadt war Schirakawan (S. 193). Schon Aschots
Vater soll dort 834 eine Kirche erbaut haben. Aschot I. selbst hat keinen Neubau aufgeführt, doch
wurden die vorhandenen Kirchen reich beschenkt. Dafür traten sein Enkel Gregor Supan und seine
Mutter Maria ein. Ersterer erbaute eine Muttergotteskirche im Städtchen Koth, sein Bruder eine
x) Geizer bei Krumbacher, S. 981.
2) Vgl. dafür und das Nachfolgende Daghbaschean, »Gründung des Bagratidenreiches durch Aschot Bagratuni« Berlin 1893,
S. 41 f. und Thopdschian, »Politische und Kirchengeschichte Armeniens unter Aschot I. und Smbat« (Mitteilungen des Seminars f.
Orient. Sprachen zu Berlin, II. Abt. (1905), S. 88 f. Über den Ursprung der Bagratiden u. a. auch Chahnazarian, Histoire par
Ghevond, S. 11 6 f.
3) Thomas Artsruni III, § 14, (Brosset, S. 166).
4) Nach Johann Katholikos. Vgl. Daghbaschean, S. 76.
b) Thopdschian, S. 212.
6) Nach Nahapetian, I. Phot. 39.
 
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