Wreszinski, Atlas zur altäg. Kulturgesch. Tafel 3i(a)
Entwurf zu einer Wandbemalung' aus dem Grabe desSpmnut2
Schech abd el Gurna Nr. 92.
Erster Raum, rechte Eingangswand.
Zeit: Amenophis II.
(um 1435 v. Chr. G.).
Zeichnung auf Stuck.
Wenn der ägyptische Künstler an die Ausmalung einer Wand ging, entwarf er zuvörderst
eine Skizze in geringen Abmessungen. Hatte er das Bild in allen Teilen zu seiner Zufrieden-
heit komponiert, so überzog er die Skizze3 mit einem Quadratnetz. Bin gleiches mit eben-
soviel Längs- und Querlinien legte er über die Wandfläche, übertrug auf sie dann die auf
der Skizze erhaltenen Schnittpunkte und gewann so sichere Anhalte für die Ausführung aller
Teile des Gemäldes. Für komplizierte Darstellungen, bewegte Gruppen, detailreiche Szenen
und dgl. bedurfte der Maler bei den oft sehr großen ihm zur Bemalung übertragenen Flächen
natürlich möglichst zahlreicher fester Punkte, und deshalb hat er stets ein so enges Hilfsnetz
gezogen, wie es ihm für den einzelnen Fall zweckmäßig erschien. —
Für die Darstellung menschlicher Figuren sind in den verschiedenen Perioden der Kunst
je nach dem Zeitgeschmack bestimmte Verhältnisse der Körperteile zueinander als maßgebend an-
genommen worden. Im alten Reich hat man z. B. alle Gestalten gedrungen wiedergegeben, während
man im neuen Reich schlanke, elegante Formen bevorzugte; diese verschiedenen Geschmacks-
richtungen haben natürlich zur Aufstellung verschiedener Proportionskanones geführt. — In der
18. Dynastie teilte man die Gestalt eines stehenden Mannes der Länge nach in 19 gleiche
Teile, die eines sitzenden in 16, d. h. also, die Figur des stehenden Mannes wurde von zwei
horizontalen Parallelen begrenzt und von 18 geschnitten, die des sitzenden wurde von 15
geschnitten.
Die Figur des sitzenden Sumnut auf der Tafel links unten ist so zerstört, daß nicht
mehr zu sehen ist, welche Körperteile von den einzelnen Linien berührt wurden. Bei der
oberen, stehenden Figur aber läßt sich folgende Tabelle von Linie zu Linie geben:
1. Scheitel.
2. Abschluß der Frisur über der Stirn.
3. Nasenspitze.
4. Halswurzel, Daumen der erhobenen linken Hand.
5. Mitte des Biceps und Handwurzel der linken Hand,
Mitte der Brust.
6. Armhöhle.
8. Außenseite des Ellenbogens des linken Arms.
9. Nabel.
10. Deistenaustritt des linken Beins.
12. Mittellinie des horizontal gehaltenen Szepters.
14. Etwas oberhalb des Knies.
1 5. Ansatz des Schienbeins.
17. Dickste Stelle der Wade.
19. Fußgelenk.
20. Bodenlinie.
Die halb so großen Figuren rechts sind, soweit sie aufrechtstehend dargestellt sind, nach
dem gleichen Verhältnis gezeichnet.
1 Prisse; Perr.-Chip. 705 teilweise; Masp. Arch. 186; Masp.-St. 183; erwähnt D. D. Text III 274.
2 S. Taf. 29,2.
3 Wilk. Egypt 107; Wilk. III 313; Wilk.-B. II 295; Prisse Text 122; Perr.-Chip. 701 flge.; D. D. Text
V 149; Masp. Arch. 185; Masp.-St. 182; Edgar Rec. 27, 143.
3i (b)